
Ein kooperatives Story Telling-Memeory-Spiel? Oh weh... (2 Ersteindrücke)
Dieses Spiel ist auf dem Papier genau das Gegenteil von dem, was mir gefallen sollte. Erstens bin ich kein besonderer Liebhaber kooperativer Spiele, zweitens habe ich gar keinen Bock mir Dinge zu merken beim Spielen (und ich bin außerdem unfassbar schlecht darin) und drittens will ich mir nicht selbst irgendwelche Geschichten ausdenken oder auch noch erzählen. Trotzdem war „Wilmot’s Warehouse“ mein Messehighlight sogar noch vor dem fantastischen „Zenith“, das ich sofort gekauft habe. Wie kann das denn sein???
In „Wilmot’s Warehourse“ vom Verlag CMYK bzw. den Autoren Ricky Haggett, Richard Hogg und David King, die allesamt neue Autoren sind (!), müssen 2-6 Personen kooperativ ein Lagerhaus organisieren. Um sich bei der schieren Menge an Waren, die allesamt auf Karten mit abstrakten Zeichnungen dargestellt werden, noch orientieren zu können, muss sich das Lagerhaus-Team eine Geschichte rund um die eingelagerten Waren erzählen. Klingt bescheuert, is‘ aber so – und funktioniert auch noch prächtig!
So spielt sich Wilmot's Warehouse
Das Spielfeld besteht aus einem Raster, das bis zum Ende des Spiels je nach Personenzahl mit den genannten abstrakten Karten gefüllt wird. Dazu werden mehrere Stapel aus diesen vorab bereitgelegt. In jeder Runde muss dann der Reihe nach eine Person eine dieser Karten aufdecken. Dann darf das Team sich beraten, worum es sich bei dem gezeigten Gegenstand wohl handeln könnte. Haben sich alle entschieden, wird das erste Teil in der Mitte abgelegt und dann verdeckt. Bis zum Ende des Spiels. Auweia.
In den nachfolgenden Runden passiert dann genau das gleiche, aber bei der Beratung soll man sich nur eine zusammenhängende Geschichte überlegen, damit man sich die Position und Art der Gegenstände merken kann. Zuerst dachte ich, dass ich bereits nach dem vierten oder fünften Gegenstand kapitulieren müsste, ganz am Ende haben wir dann aber wie durch ein Wunder (oder durch unsere fantastische Geschichte) 34 von 35 (!) Gegenständen richtig zuordnen können!
Um das alles noch etwas schwieriger zu machen, muss nach jedem Werktag – ja, die Spielrunden sind natürlich nach Wochentagen benannt – eine Ereigniskarten gezogen werden, die manchmal seltsame Auswirkungen hat. So mussten wir nach dem Montag bereits das gesamte Spielbrett mit unseren säuberlich einsortierten und vermerkten Waren um 180 Grad rotieren und den gesamten Donnerstag durften wir unsere Beratungen nur mit einsilbigen Wörtern führen. „Was das?“ war dementsprechend an diesem Tag eine häufig gestellte Frage.
Und ja, ganz am Ende der „Woche“ wollen die Kunden dann eben ihre Waren abholen. Dann wird ein Timer gestartet und das Team nimmt sich alle verfügbaren Gegenstandskarten und versucht diese passend den vorher verdeckt abgelegten Karten zuzuordnen. Für falsch zugeordnete Karten gibt es zehn Strafsekunden und ganz zum Schluss wird überprüft, wie lange man insgesamt gebraucht hat. Daraus errechnet sich dann die gemeinsame Endpunktzahl.
Ein ungeahntes Highlight
Ja, was soll ich dazu noch sagen, ich lieb’s. Es entstehen automatisch die beklopptesten Geschichten, die natürlich je nach geistigem Zustand der Teilnehmenden auch mal schnell ausarten können. Trotzdem funktioniert das irgendwie grandios gut, denn man bezieht ja alle Karten aufeinander und je bescheuerter die die Zusammenhänge, desto einfacher lassen sie sich merken. Und so entsteht aus diesen Mechanismen, die ich für sich genommen so gar nicht leiden kann, eins meiner Spielehighlights des Jahres. Auch wenn das Jahr noch nicht so alt ist, bin ich mir sicher, dass da nicht mehr so viel heranreichen wird. Dazu ist das Spiel einfach zu anders, zu besonders, zu verrückt und ja... einfach zu gut.
(zusätzlicher) Ersteindruck von Jessi
Ganz ehrlich – ich bin auch kein Fan von Memory-Spielen, einfach weil ich nicht gut darin bin, mir Dinge zu merken. Entsprechend skeptisch bin ich in die Partie gegangen. Aber Wilmot´s Warehouse hat mich eines Besseren belehrt.
Allein schon die Einigung zu Beginn des Zugs, was man ein Plättchen eigentlich zeigt, führte zu witzigen Brainstorming-Momenten. Die Platzierung an den richtigen Ort und die Einbettung in die Story war eine Herausforderung in sich, die aber überraschend einfach von der Hand ging, hatte man erst mal den Dreh raus und war im kreativen Story-Flow angekommen. Aber auch taktisch gab viel zu bedenken – wie platziert man das Plättchen, damit man sich am Ende möglichst gut erinnert? Ist dieses Plättchen thematisch abwechslungsreich genug, damit man es zweifelsfrei zuordnen kann? Das macht Wilmot´s Warehouse nicht nur kurzweilig und unterhaltsam, sondern durchaus auch ein bisschen tüftelig.
Ein gelungener Abwechslungs-Faktor waren für mich definitiv die Ideenkarten, die jeden Wochentag mit einer eigenen Herausforderung garnierten. Die haben bei uns für unvergessliche Lacher gesorgt. Für mich war Wilmot´s Warehouse ein Erlebnis, das ich noch lange in Erinnerung behalten werde – für ein Memory-Spiel sicher genau das, was es erreichen will.
Quellen: