TEST // EXTRAORDINARY ADVENTURES: PIRATES

TEST // EXTRAORDINARY ADVENTURES: PIRATES

Ahoi, ihr Landratten! Hisst die Flaggen, Leinen los und ran an die Kanonen! Als Freibeuter der Karibik wirst du mit deiner Crew hoffentlich genug Pfeffersäcke (Handelsschiffe) überfallen, um deine Fracht in den Häfen in kostbare Schätze umtauschen zu können. Doch was nutzt es, unterwegs zum reichsten Piraten aufzusteigen, wenn am Ende die räudige Konkurrenz am schnellsten das begehrte Ziel erreicht: die spanische Schatzgaleone in Trinidad. Also, mach klar Schiff und schärf dein Entermesser für die EXTRAORDANARY ADVENTURES: PIRATES!

 

infos zum spiel

Das Spiel wurde uns vom Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt. 
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

 

Work like a captain, play like a pirate!

 

Das Ziel eines jeden Kapitäns in PIRATES! besteht darin, erbeutete Waren gegen Schatzkisten einzutauschen, die Siegpunkte einbringen. Die Ressourcen für den Tausch erhalten die Piraten nur über das Ausrauben der Handelsschiffe entlang der Routen.

Drei unterschiedliche Seerouten (blau, rot und schwarz) schlängeln sich durch die Karibik zum gleichen Ziel: Trinidad. Dementsprechend befehligt jeder Piratenkapitän auch drei Schiffe an drei unterschiedlichen Ausgangshäfen: Gran Granada, Havanna und St. Augustine. Gesteuert werden die Schiffe über Piratenkarten.

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Zu Beginn des Spiels besteht die eigene Mannschaft noch größtenteils aus Sprotten (unerfahrene Rekruten): Jede Piratenkarte zeigt ein Mannschaftsmitglied mit einer Nummer und einem Aktionstext (und/oder Flavour Text). Das Startdeck eines jeden Spielers besteht zunächst aus niedrigen Nummern und nur einer Karte mit Aktion. Im Laufe des Spiels wird das (Schiffs-)Deck bei Plünderungen und Hafenaufenthalten erweitert.

Der Startpirat zieht zunächst fünf Karten verdeckt von seinem persönlichen Kartenstapel auf die Hand und darf drei davon ausspielen. Der Spieler muss dabei für jede ausgespielte Karte entscheiden, ob die Nummer oder der Text darauf aktiviert wird.

Entscheidet er sich für die Nummer, bewegt er anschließend eines seiner Schiffe entlang der Route entsprechend viele Felder vorwärts (oder rückwärst). Dabei gilt: Die einzelnen Nummern dürfen beliebig auf die Schiffe verteilt werden, eine Kartennummer darf nicht aufgesplittet werden und die addierten Nummern dürfen komplett für die Bewegung eines einzigen Schiffes ausgegeben werden.

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Wird der Kartentext gespielt, tritt die beschriebene Aktion in Kraft. Das kann zum Beispiel das Entfernen einer anderen Karte aus dem Deck, das Zurücksetzen gegnerischer Schiffe oder das Fahren auf einer speziellen Route sein.

Die drei ausgespielten Karten legt der Spieler anschließend auf seinen eigenen Ablagestapel. Von seinem Nachziehstapel zieht er Karten nach, bis er erneut fünf Karten auf der Hand hält. Sobald nicht mehr genügend Karten nachgezogen werden können bzw. der Nachziehstapel leer ist, wird der Ablagestapel gemischt und als neuer Nachziehstapel bereit gelegt.

Entschließt sich ein Kapitän, einen kleinen Umweg in Kauf zu nehmen, und landet auf einem Handelsschiff, plündert er dieses und darf die darauf liegenden Waren an sich nehmen. Sein Zug endet dort. Anschließend darf er ein neues Crewmitglied an ,,Deck“ anheuern, indem er eine Karte vom ,,Händlerstapel“ zieht und sie direkt auf seinen Ablagestapel legt. Handelsschiffe können nur einmal geplündert werden. Die Waren werden nicht mehr aufgefüllt, das heißt, das nachfolgende Schiff kann hier nichts mehr erbeuten.

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Wird auf diesem Umweg eine Hafenstadt angefahren, darf der Spieler dort seine Waren in ein oder mehrere der ausliegenden Schätze umtauschen. Kisten, die viele unterschiedliche Ressourcen kosten, bringen auch mehr Siegpunkte ein. Nach erfolgreichem Tausch gehört der Schatz nun dem Spieler, der die Truhe vor sich ablegt und sich eine der drei ausliegenden Hafenkarten aussuchen darf. Hier können die erfahrensten Freibeuter mit den stärksten Kartentexten und höchsten Nummern für die eigene Crew angeworben werden.

Das Spiel endet sofort, wenn ein Piratenschiff Trinidad erreicht. Der dazugehörige Piratenkapitän darf sich kostenlos eine Schatztruhe aus der Auslage nehmen. Er war dann zwar der schnellste, ist aber noch lange nicht der reichste. Bei der Endwertung gibt nämlich nur der Wert der eigenen Schatztruhen Auskunft über den Sieger.

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In der Variante für erfahrene Spieler, werden die vier eigenen Piratenfiguren zu Beginn des Spiels auf beliebigen Häfen ,,ausgesetzt“. Holt ein Kapitän seinen Piraten während der Partie an einem Hafen ab und erwirbt dort gleichzeitig eine Schatztruhe, kann er seine Figur auf den Schatz legen, deren Wert bei der Endwertung verdoppelt wird. Ohne eine Schatztruhe ist der eigene Pirat 1 Siegpunkt wert. Auch gegnerische Piraten können eingesammelt werden, die am Ende ebenfalls 1 Siegpunkt wert sind und natürlich das Verdoppeln der gegnerischen Schatztruhen verhindern.

 

Holzbeine und massive Truhen

 

Optisch macht bereits das Spielbrett einiges her. Es wirkt wie eine maßstabsgetreue Karte der Karibik: sehr detailliert und authentisch illustriert. Die Miniaturschiffe aus Plastik sehen toll aus und befinden sich in einem passenden zweistöckigen Inlay. Vier Schiffe sind in jeder Farbe vorhanden, das vierte dient lediglich zur zufälligen Bestimmung des Startspielers und der Identifikation der Spieler mit ihrer Spielerfarbe. Sowohl die einfarbigen Holzfiguren als auch die schön illustrierten Karten und die Warentokens im bestickten Beutel sind von guter Qualität. Die Schatztruhen bestehen aus extrem dicker Pappe und wirken daher sehr hochwertig. Alles findet wunderbar seinen Platz in der Schachtel.

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Natürlich muss deutlich erwähnt werden, dass sowohl die Kartentexte als auch die Anleitung in englischer Sprache geschrieben sind. Allerdings reicht zum Verständnis das einfache "Schulenglisch“ auf jeden Fall aus, denn die Regeln sind kompakt und einfach formuliert. In der Anleitung wird viel mit Symbolen und Bildern bei den Komponentenbezeichnungen, dem Aufbau und den Kartenerklärungen gearbeitet.


EXTRAORDANARY ADVENTURES: PIRATES! zeigt seine Stärke vor allem in der Thematik. Es gibt den Spielern das Gefühl, wirklich als Piratenkapitän eine Flotte von Freibeutern durch die Karibik schippern zu lassen. Es bettet jede Handlung im Spiel überzeugend in das Thema ein: Vom einmaligen Ausrauben der Handelsschiffe bis zur Deckerweiterung wird alles historisch und realistisch begründet. So kreiert das Spiel eine authentische Atmosphäre.

Der Deckbuildingmechanismus ist für Vielspieler nicht Neues und wird auch in diesem Spiel im Stil vieler Vorreiter (z.B. DOMINION) eingesetzt. Die allermeisten Karten in PIRATES! sind Laufkarten. Selbst bei den Aktionstexten geht es zum allergrößten Teil um das Vorrücken des Schiffes. Hier wurde unserer Meinung nach viel Potenzial verspielt. Denn dadurch sind die Spielmechaniken zwar eingängig, aber nach kurzer Zeit auch repetitiv.

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Trotzdem ist das Rennen mit den Schiffen auf den drei unterschiedlichen Routen auf dem Spielplan von Anfang an spannend. Vor allem, weil die Waren nur einmal eingesammelt werden können und die Wege linear sind. Dadurch entstehen strategische Überlegungen: Gehe ich den Umweg, um Waren und Schätze zu erhalten, oder bewege ich mich auf der Hauptroute weiter, damit mir die freie Auswahl an Ressourcen bleibt und ich als erster nach Trinidad komme? Auf welcher Route lohnt sich das Fahren, weil dort die passenden Waren liegen? Die Zielbelohnung ist punktetechnisch nicht außer Acht zu lassen.

Hier besteht aber auch einer der Schwachpunkte des Spiels. Ist ein Spieler auf einer Route erst einmal abgeschlagen, hat er kaum mehr eine Chance, an Waren zu kommen. Hat er keine Waren, kann er keine Siegpunkte generieren. Im Spiel zu viert oder mehr sind die Spieler schon sehr unter Druck, sich nicht abhängen zu lassen und es bleiben oft nur unbrauchbare oder ,,Restwaren“ für zurückbleibende Schiffe liegen. Gerade wenn am Ende bestimmte Ressourcen , die jeder für den Tausch der noch ausliegenden Schätze benötigt, sehr rar und hart umkämpft sind, kann es für zurückliegende Kapitäne frustrierend werden. Zu diesem Zeitpunkt liegen dann auch nur noch wenige teure Schatzkisten aus, da sie nicht nachgefüllt werden, was die Frustration im (für einzelne aussichtslosen) Kampf um die wenigen Ressourcen noch verschärft.

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Taktisch interessant wird es noch einmal mit dem Einsatz der Piratenfiguren. Das strategische Platzieren der Figuren am Anfang und das Anpeilen von Häfen mit eigenen und fremden Piraten, bringt noch einmal mehr Spieltiefe. Es erhöht den kompetitiven Charakter und die Interaktion. Denn wenn ein gegnerisches Schiff einen Hafen mit meinem Piraten anpeilt, werde ich auf dieser Route evtl. doch noch ein zusätzliches Segel hissen. Man lässt einen Kameraden nicht im Stich!

Unterm Strich ist EXTRAORDANARY ADVENTURES: PIRATES! ein gelungenes Familienspiel und besonders als Einstieg in die Deckbuildingmechanik geeignet. Eingängige Mechanismen und ein ansprechendes Thema machen das Spiel auch für Kinder interessant. Die Einstiegshürde wird jedoch durch die englischen Texte auf den Karten für diese Zielgruppe erschwert. Hier hätten wir uns eine passende Symbolik neben (oder anstatt) den Texten gewünscht. Generell ließ das Thema sowie auch die Aufmachung mehr als ein einfaches kartengesteuertes Racing-Game erhoffen. Die Umsetzung des Spiels ist zwar stimmig, bleibt aber unter seinem Potenzial. Für Vielspieler bietet es keinen Langzeitspaß, da es sich nach der zweiten Partie bereits repetitiv anfühlt. Doch wer ab und zu gerne mit der Familie die Piratenflagge hissen möchte und des Englischen etwas mächtig ist, kann hier gerne den Anker lichten. Diesen Freibeutern wünschen wir:

May your anchor be tight, your cork be loose, your rum be spiced and your compass be true!

 

Wertung zum spiel

 

Bilder vom Spiel

Tags: 60 Minuten, Wettrennen, Piraten, 2-6 Spieler, Deckbauspiel

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