Der Aufstieg von Boardgamegeek.com
Es war das Jahr 2000, ein neues Jahrtausend wurde eingeläutet, die Bankcomputer waren doch nicht ausgefallen und irgendwie blieb alles wie es schon 1999 war. Nein nicht alles, denn es war das Jahr des Internets, immer mehr Startups wollten einen Happen vom neuen großen Kuchen abhaben und wussten nicht, dass sie schon kurz vor dem Abgrund standen. Die meisten dieser Pioniere gibt es heute nicht mehr doch eine Firma strahlt heute so hell wie nie: boardgamegeek.com!
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Am Anfang war die Idee
Es ist das Jahr 1999 als sich Scott Alden und Derk Solko dachten es sei eine gute Idee eine Webseite über Brettspiele zu erstellen. Sie haben sich um das Jahr 2000 herum über eine Usenet-Seite kennengelernt und sprachen mit der Zeit immer mehr über Brettspiele. Sie fanden beide herraus, dass sie gemeinschaftliches Spielen am Tisch dem einsamen Spielen am PC vorziehen.
Das Problem damals: Es gab so gut wie keine Informationen über Brettspiele im noch jungen Internet. Scott Alden erinnerte sich an einen Zentralen Punkt in einem Interview im Jahr 2010: “Bis dahin (Anmerkung: im Jahr 1999/2000) tauschten sich ernsthafte Brettspieler hauptsächlich über private Mailinglisten aus, die nur für geladene Gäste zugänglich waren. Sie waren so etwas wie die Illuminaten des Spiels. Ich trat einer bei und sagte: "Heilige Scheiße, hier gibt es seit vier Jahren detaillierte Informationen über diese Spiele und nichts im Internet, außer wo man sie kaufen kann."
Da Derk als auch Scott beide beruflich programmierten, waren sie in der Lage eine neue Webseite zu kreieren. Das war im Jahr 2000 noch alles andere als einfach. Kostenfreie Tools zum Erstellen von Webseiten wurde damals erst erfunden. Derk hatte sogar schon eine Software programmiert um Brettspiele nach Kategorien zu filtern. Also fingen beide an und gründeten Boardgamegeek.com. Es ist übrigens der 1.12.1999, als sich Scott Alden erstemals auf der BGG Seite anmeldet, dass ist bis heute in seinem Profil verewigt.
Doch bevor wir die weitere Geschichte beleuchten, ist es erst einmal spannend zu erfahren wer die zwei Männer sind, die hier ein gemeinsames Projekt starten wollten.
Scott Alden
Hier ist Scott im Interview mit Hunter. Hier geht es zum Video.
Das Witzige ist, dass Scott Alden Entwickler von Videospielen war und er trotzdem Brettspiele vorzog. Aufgewachsen ist er im Süden von Florida. Dort ging er zur Schule und studierte im Anschluss bis 1993 an der University of Florida Computer Engineering. Von 1994 bis 1996 war er wissenschaftlicher Assistent bei der Firma Nortel. Nachdem er bei zwei Stationen als Software Engineer arbeitete, wechselte er anschließend zu 3Dfx. PC-Nostalgiker werden jetzt mit der Zunge schnalzen, allen anderen Spätgeborenen kann gesagt sein, dass diese Firma extrem wichtig war, für die Weiterentwicklung von 3D Grafik. 3Dfx stellte Grafikchips her, mit denen PCs gefühlt magisch beschleunigt wurden und statt Stoppbildaufnahmen in 3D-Welten zu zeigen, liefen Spiele auf einmal flüssig und sahen auch noch besser aus. Die Grafikkarten erhielten den Namen Voodoo Graphics und wurden 1996 erstmals veröffentlicht.
Im Dezember 1997 war es dann Zeit für einen neuen Wechsel, dieses Mal ging es in die Videospiele Industrie zu Ritual Entertainment. Dort hat er an den Shootern „SIN“ und „Heavy Metal: F.A.K.K“ mitentwickelt.
Ausgerechnet im Jahr 2000 wechselte er dann zu 3D Realms um das sagenumwobene „Duke Nukem Forever“ zu entwickeln, das mehr als ein Jahrzehnt verspätet erscheinen sollte. So blickt Scott auf diese Zeit zurück: „Bei 3D Realms herrschte eine Menge Aufruhr. Ich war ein Jahr lang im Crunch-Modus. Sechs Tage in der Woche, 10-Stunden-Tage, und es gab nur sehr wenig zu sehen. Das hat mir wirklich zu schaffen gemacht. Ich gehörte zu den ersten Programmierern, die 3D Realms verlassen haben, aber im Laufe des nächsten Jahres haben noch etwa 20 weitere Leute gekündigt, als klar wurde, dass sie das Spiel nie fertigstellen würden.“
Um das zeitlich einzuordnen: Scott hat im Jahr 2005 die Firma 3D Realms verlassen und 2010 gab er das Interview über die Zeit. Das Spiel wurde am Ende doch noch im Jahr 2011 veröffentlicht, nach elf Jahren Entwicklung bei drei verschiedenen Studios.
Doch zurück zum Thema: Im Jahr 2005 wechselte Scott dann endlich zu Boardgamegeek.com. Die Webseite warf genug Geld an Werbeeinnahmen ab um davon leben zu können. BGG hatte zu dem Zeitpunkt schon 1.000.000 User im Monat und war von Jahr zu Jahr um 30% gewachsen. Wie hoch die Belastung für ihn davor die Jahre gewesen sein muss, kann man sich wohl nicht vorstellen.
Privat ist Scott ein Sammler: 2010 gab er an in einem Flugzeughangar etwa 3.000 Spiele eingelagert zu haben. Seine Sammlung wird dabei eher strategisch ausgerichtet sein, denn er wurde durch Catan in das Hobby reingezogen. Wer Scott einmal persönlich trifft, sollte dann besser nicht fragen, ob er Monopoly spielen will. In einem Interview antwortete er sehr harsch auf die Frage: „Oh, nein. Ich glaube, ich würde mir lieber die Pulsadern aufschneiden. Ich bin erstaunt, wie lange sich einige dieser alten Spiele gehalten haben. Sie sind so langweilig und ermüdend.“
Derk Solko
Derk steht in der Mitte. Bild-Quelle: BGG
Zu Derk Solko gibt es eindeutig viel weniger zu erzählen. Er ist der stille Macher im Hintergrund, so erscheint es mir in der Recherche. Selbst auf seinem LinkedIn Profil nennt er sich nur Co-creator of geekdo.com. Wer die Url ausprobiert landet dann bei Boardgamegeek.com. Studiert hat Derk auf der University of Kansas und er beendet das Engineering Studium 1993 erfolgreich. Danach arbeitet er fünfeinhalb Jahre als Software-Manager bei Carlson Capital und wechselt dann 2006 zu G2 System, wo er bis 2008 arbeitet. Danach ist er bei Boardgamegeek auch komplett eingestiegen. Dort ist er bis heute tätig.
Witzig zu wissen: Derk hat am 16. November Geburtstag und teilt sich somit den Geburtstag mit Rainer Knizia.
Was Derk wirklich nervt, sind freche User auf BGG, die sich nicht benehmen können. Im Interview mit der Spielbox im Jahr 2009 sagt er zu dem Thema: „(nach einigen hier nicht wiederzugebenden Flüchen) Die Foren! Es gibt einige Leute, die im echten Leben wahnsinnig harmlos und schüchtern sind, die aber Online eine Art Jekyll-und-Hyde-Persönlichkeit an den Tag legen.“
2010 verschwand Derk dann von der (digitalen) Bildfläche, loggte sich auch auf BGG nicht mehr unter dem alten User ein. In einem Foren-Beitag mutmaßten User, was mit ihm passiert sei. Es wurde angedeutet, dass mentale Probleme dazu geführt hätten. Der User Jim Howard schrieb noch 2022 scherzhaft: “I heard Aldi(e) ate him.” Aldie ist der Username Scott Aldens. Ich glaube es waren eher die besonders nervigen User auf BGG…
Tatsächlich tritt Derk 2022 in einer auf Youtube veröffentlichten Dokumentation auf - er lebt und es geht im gut.
Was ist mit W. Eric Martin?
Dieser ist im Jahr 2003, um genau zu sein seit dem 5.10.2003 auf BGG registrierter User. Seine große Zeit auf der Plattform lieg da noch vor ihm. Über ihn berichten wir dann in einem anderen Beitrag.