Spiel des Jahres 2018: Warum ist das Spiel denn bitte nominiert?

KOMMENTAR // Spiel des Jahres 2018: Warum ist das Spiel denn bitte nominiert?

Am Montag den 14. Mai werden mal wieder die Nominierungen und Empfehlungslisten für das Spiel des Jahres 2018, das Kennerspiel des Jahres 2018 und das Kinderspiel des Jahres 2018 veröffentlicht. Wie jedes Jahr wird der Aufschrei groß sein, warum das eine Spiel nominiert wurde und ein anderes „viel Besseres“ nicht.

Seit ich mich für Brettspiele intensiv interessiere, verfolge ich die jährlichen Diskussionen um den Preis „Spiel des Jahres“. Diesen Aufschrei erwartet Tom Felber, Vorsitzender der Jury auch in diesem Jahr:

„Für mich als Vorsitzenden ist es immer sehr lehrreich, in der Zeit unmittelbar danach zu sehen, welche Reaktionen dazu aus der Bevölkerung eintreffen. Einige der intensivsten Reaktionen beruhen aber jeweils auf einem Missverständnis, einem Zielgruppen-Missverständnis.“

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich gerade Vielspieler für Preise und Auszeichnungen von Spielen besonders interessieren. Doch ausgerechnet der öffentlichkeitswirksamste Preis „Spiel des Jahres“, richtet sich nicht an diese Zielgruppe – uns Vielspieler, Kennerspieler, Brettspiel-Nerds oder wie auch immer man uns nennen möchte.

Das ist insofern verwirrend, weil ein Titel „Kennerspiel des Jahres“ betitelt ist. Es gibt keine eindeutige Bezeichnung für die wachsende Gruppe von Menschen, die sich mehrfach im Monat mit analogen Spielen beschäftigt. Diese Gruppe ist eher heterogen und in viele weitere Interessensgruppen und Vorstellungen was ein gutes Spiel ist, unterteilt. Somit würde vermutlich auch ein Preis, zum Beispiel „Vielspieler Spiel“ des Jahres wenig Sinn machen.

Die Begründung führt Tom Felber auf der Webseite zum „Spiel des Jahres“ genauer aus:

„Gemäß unserer Satzung soll das „Spiel des Jahres“ nämlich ein Spiel sein, das möglichst geeignet ist, die Spielekultur in Familie und der Gesellschaft weiter zu fördern und zu verbreiten. Das Spiel darf deshalb nicht allzu komplex sein und der Einstieg sollte nicht zu schwer sein, damit das Spiel eine Breitenwirkung in der Gesellschaft erzielen kann.“

Tatsächlich ist dies eine sehr wichtige Aufgabe, die dem Preis innewohnt: Spiele in der Gesellschaft massentauglich zu machen. Das ist in den letzten Jahren gut gelungen. Dieser Preis schafft es immerhin in die Massenmedien. Das schaffen derzeit leider noch viel zu wenige Themen rund um das analoge Spielen und ist ein Zeichen, das Gesellschaftsspiele nicht als Kulturgut akzeptiert sind.

Mit einem Augenzwinkern hat Tom Felber noch eine Liste von Kriterien erstellt, die man mit sich selber abgleichen kann, um festzustellen ob man nun dazu gehört oder nicht.

Hier sind 10 untrügliche Zeichen dafür, dass du nicht (mehr) zur Zielgruppe von „Spiel des Jahres“ gehörst:

    • Du postest jede Partie, die du spielst, auf Boardgamegeek und trägst dort auch fein säuberlich ein, wo ihr gespielt habt, die Uhrzeit, die erreichte Punktzahl aller Mitspieler, deren Namen und Berufe, deine Spielerfarbe, die Höhe deines Blutdrucks und die Marke der Chips-Packung, die du davor zum Mittagessen konsumiert hast.

 

  • Du stellst sofort und immer, noch während eine Spielpartie im Gange ist, ein Foto vom Spiel, das ihr gerade spielt, auf Twitter, Instagram, SnapChat und Facebook und taggst alle Mitspieler, die natürlich auch alle auf Twitter, Instagram, SnapChat und Facebook sind.

 

 

  • Nach der Spielmesse in Essen präsentierst du in den Sozialen Medien stolz deinen Spiele-„Loot“, einen Stapel mit all deinen von der Messe mitgebrachten Spielen.

 

 

  • Du bist ernsthaft der Meinung, dass einige der bisherigen Preisträger des „Kennerspiel des Jahres“ vom Anspruch her eigentlich Kinderspiele sind und hast dies dem Juryvorsitzenden oder anderen Jurymitgliedern auch schon direkt und prononciert mitgeteilt.

 

 

  • Du lässt dir regelmäßig völlig überteuerte, coole Nerd-T-Shirts aus Übersee zuschicken.

 

 

  • Du bist gerne bereit, mindestens 120 Dollar für ein Kickstarter-Spiel von einem unbekannten Autor und einem neuen Verlag auszugeben, von dem du nicht mal weißt, ob das Spielsystem überhaupt funktioniert. Hauptsache die Figuren sehen cool aus und die Illustrationen reißen dich mit.

 

 

  • Die Diskussionen an euren Spieleabenden drehen sich oft um Themen wie „Wenn Batman, Mr. Spock und Tim und Struppi als Team in einer Arena auf Darth Vader, Lara Croft und Rick und Morty treffen würden, wer würde den Kampf gewinnen, in welcher Runde und weshalb?“

 

 

  • Diskutiert? An euren Spieleabenden wird gar nichts diskutiert. Die Mitspieler sollen sich gefälligst auf das Spiel konzentrieren.

 

 

  • Am liebsten spielst du sowieso ganz allein und du magst es nicht so, wenn du mit deinen Mitspielern am Tisch interagieren sollst.

 

 

  • Du bist sowieso der Meinung, dass „Schach/Go/Monopoly/Siedler von Catan/Magic the Gathering/Netrunner/Pokern/Tichu/Jassen/Skat/Bridge/Dog/Uno/Schiffe versenken/Fussball/Seilhüpfen das beste Spiel aller Zeiten ist und es eigentlich keine anderen Spiele daneben braucht.

 

Spiel des Jahres / Quelle

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