Prototypen auf den Bremer Spieletagen
Ich habe es mir nicht nehmen lassen auch die 14. Bremer Spieletage zu besuchen. Es war wieder voll und ich musste Schlange stehen um reinzukommen, aber das bewerte ich ganz positiv, denn diese Veranstaltung ist top organisiert und hat viel schönes zu bieten. So konnte ich z.B. gleich zwei Prototypen testen.
Hinweis in eigener Sache: leider war der Text im Archiv verloren gegangen, wesswegen er jetzt erst online geht. Trotzdem sind die Prototypen natürlich noch nicht veröffentlicht worden und somit hat der Text auch Wochen später noch seine Berechtigung.
Cube Express
Bei Spiele Faible habe ich mir „Cube Express“ von Orlando Sá zeigen lassen. Ein einfaches Kennerspiel für 2 bis 4 Personen, das zur Spiel 2024 erscheinen soll.
Es ist eine gelungene Mischung aus Plättchenlegen, Netzwerk- und Routenplanung. Gestartet wird mit einem Bahnhof und einer Lok auf ein paar ausgelegten Karten. Ausgehend davon werden nun jede Runde weitere Karten angelegt, die das Schienennetz erweitern. Einige Karten lassen einen neue Bahnhöfe aufstellen, bei anderen können Ressourcen aufgeladen werden. Ressourcen sind immer Klötzchen, deshalb auch der Titel. Welcher Klotz was ist wird durch Ablegen auf dem eigenen Tableau bestimmt.
Nachdem eine Karte angelegt wurde darf die eigene Lok bewegt werden. Karten, bei denen Ressourcen aufgeladen werden, können anderen Spielerinnen oder Spielern gehören. Wenn ich also dort vorbeikomme und auflade, zahle ich Geld an diese Person. Ebenso geht mein Konto hoch, sollten andere „meine“ Rohstoffquellen nutzen.
Es gibt auch Karten mit Fabriken. Diese können mit Rohstoffen beliefert werden, um die Geldleiste noch weiter höher zu klettern und mehr Siegpunkte zu ernten. Hier heißt es: Wer zuerst kommt, mahlt zu erst. Die erste Person, die eine Fabrik beliefert bekommt mehr Punkte als nachfolgende.
Zusätzlich können noch einfach Fahrgäste an Bahnhöfen abgesetzt werden, um Siegpunkte zu generieren. Wer möchte kann auch eine zweite Lok kaufen und ist dadurch etwas mobiler auf dem Schienenplan.
Nachdem eine Karte gespielt und die Strecke mit der Lok gefahren wurde, wird eine neue Karte aus der Auslage genommen. Diese Auswahl bestimmt auch, auf welche Auftragskarten ich meine Klötzchen legen darf. Aufträge fordern etwa bereits drei Fabriken beliefert zu haben, oder fünf Fahrgäste auf dem Plan eingesetzt zu haben, oder ähnliches.
Sind alle Karten verbaut endet das Spiel und es wird ausgezählt.
Ersteindruck
Was mir besonders gut gefallen hat, war das gemeinsame Gestalten der Bahnstrecken und dass andere mich bezahlen müssen, wenn sie meine Rohstoffe haben wollen. Die Lok kann immer nur in eine Richtung fahren. Sie ist halt auf Schienen. So kommt es häufiger vor, dass sich gegenseitig das Geld zugeschoben wird, weil alle irgendwann irgendetwas von den anderen brauchen. Die Spielerinteraktion funktioniert super.
Die einzelnen Züge laufen schnell ab und die Spielzeit würde ich bei so einer halben Stunde einschätzen, wenn die Regeln klar sind. Außerdem gab es immer etwas zu tun und keine leeren Züge oder das Gefühl irgendetwas komplett verplant zu haben.
Die Aufgaben auf den Auftragskarten fand ich noch etwas schwer einzuschätzen. Wie leicht oder schwer es ist, eine davon zu erfüllen, war mir in der Erstpartie erst zum Ende des Spiels klar.
Das Material war natürlich nicht final und noch in einem Prototypenstatus. Die dünnen Kärtchen werden noch Pappplätchen und auch die Grafiken werden noch überarbeitet. Zug-Fans können sich schon einmal auf den nächsten Titel freuen, denn „Cube Express“ hat schon gut funktioniert.
Hydra
Am Stand von Wyrmgold konnte ich einen Blick auf „Hydra“ werfen. Ein semi-kooperatives Kennerspiel für 1 bis 4 Personen von Miguel A.Galan Garcia, welcher uns auch gleich die Regeln erklärt hat. Das Spiel soll zur nächsten Nürnberger Spielwarenmesse 2025 herauskommen.
Eine Stadt wird von einer riesigen Hydra angegriffen und unsere heldenhafte Aufgabe ist es sie zu verteidigen. Doch unser Interesse gilt nicht einzig der Unversehrtheit der Stadt, auch Ruhm wollen wir mit nach Hause bringen. So versucht jede Person am Tisch die meisten Punkte im Kampf gegen die Hydra zu sammeln, während gemeinsam die Stadt verteidigt wird. Hinterhalte vorprogrammiert.
Alle bekommen drei Aktionskarten und eine Hydrakarte ausgeteilt und einige Aktionskarten werden als gemeinsame Auslage auf den Tisch gelegt. Aktionskarten sind zweigeteilt. Oben ist die Aktion für die Spielerinnen und Spieler und unten die Aktion der Hydra. Wer am Zug ist kann eine Karte nutzen, ob es eine eigene Handkarte oder eine Karte aus der Auslage ist, ist dabei egal. Die Aktion wird genutzt und damit verfällt die Aktion der Hydra am Ende der Runde. Alle Karten, deren Aktion nicht verwendet wurde, werden jede Runde zusammengemischt und als Hydraangriff abgehandelt.
Es liegt also ein wenig bei den Heldinnen und Helden wie die Hydra agiert. Diese besteht aus vier Reihen, welche ihre vier Köpfe darstellen. Die eigen Figur kann vor einen Hydrakopf bewegt werden, um mit dem Schwert zuzuschlagen und Siegpunkte dafür zu bekommen, dass Schaden an einem Teil der Hydra angerichtet wurde. Es kann sich sogar auf die Hydra bewegt werden, um der Bestie eine Harpune in ihren langen Rücken zu stoßen.
Neben der Bewegung und dem Angriff, kann sich auch teleportiert werden. Das ist eine etwas weitere Bewegung. Es können Barrikaden gebaut werden, welche die Hydra aufhalten oder die etwas egoistischere Barrikade ist das Schild, welches nur einen selbst schützt. Das kann aber manchmal auch ganz praktisch sein.
Gibt es keine passende Karte zur Wunschaktion können auch Basisaktionen in der Stadt genutzt werden. Hier gibt es die freie Auswahl, aber jede Stadtaktion bringt am Ende der Runde eine weitere Hydrakarte.
Jetzt gibt es an der Hydrafront ein Hauen und Stechen. Leute klettern auf das Biest, andere bauen Barrikaden, wieder andere versuchen den Kopf abzutrennen. Dabei wird sich ordentlich in die Quere gekommen. Möchte ich auf das Feld einer anderen Person ziehen, wird diese verdrängt und muss sich einen neuen Platz suchen.
Jede Person hat ja noch eine Hydrakarte auf der Hand. Diese sorgen dafür, dass sich das Ungetüm vorwärts in Richtung Stadt bewegt oder vielleicht sogar zubeisst. Und wenn eine Person gerade von ihrem Platz gedrängt wurde und ich dann ungünstigerweise meine Hydrakarte ausspiele, die dafür sorgt, dass sie auf dem neuen Feld gefressen und zurück in die Stadt gesetzt wird, dann tut mir das sehr leid. Oops, ein Unfall.
Sollte ein Teil der Hydra einmal die Stadtmauern erreicht haben, wird diese mit weiteren Bewegungen abgerissen. Ist die komplette Mauer hinüber, verlieren alle das Spiel.
Sollte die Stadt genügend Runden überstanden haben, gewinnt die Person mit den meisten Punkten. Doch auch hier gibt es einen Kniff. Sollten einmal mehrere Figuren auf der Punkteleiste direkt hintereinander stehen, können mit einem einzige Punkt alle zusammenstehenden übersprungen werden. Es können keine zwei Figuren auf einem Platz stehen. So bleibt es bis zu Letzt ein Kampf.
Ersteindruck
„Hydra“ hat mir richtig gut gefallen. Die Szenen sind spannend. Es passiert viel, ich kann viel steuern, aber einiges auch nicht. Gerade diese Backstabbing-Mechanik funktioniert total super. Das Spiel animiert irgendwie zu waghalsigen Aktionen, weil man am Ende eben doch einen Siegpunkt vor den anderen sein möchte. Und dabei gibt es die ständige Bedrohung, dass das Spiel schon vorher vorbei sein könnte und es manchmal eben doch Kooperation erfordert, die Hydra zurückzuschlagen.
Eine geniale Mischung, die viele spannende Situationen verspricht. Die Züge sind flott abgehandelt und nach und nach wird klarer welche Karten noch übrig bleiben werden. Damit lässt sich schon ein sicherer Platz kalkulieren. Zumindest könnte man das denken, aber dann kommen noch verdeckte Handkarten der anderen und zufällige Hydrakarten dazu und dann zerfleischt es einen doch. Zurück zur Stadt. Danke.
Dass sich Aktionen auf Karten weggeschnappt werden können, dass ich andere Leute vor die Hydra schubsen kann und eine Menge Kampfstrategie haben mir auf jeden Fall Lust auf mehr gemacht. Da kommt schon ein bisschen das alte Feeling von „Colt Express“ wieder.
Auch hier ist das Material natürlich nicht final. Auch wenn mir die Illustrationen und die gut erkennbare Aufteilung der Karten schon sehr gefallen haben. Der Verlag hat ja noch etwas Zeit bis zur geplanten Veröffentlichung.
Zudem wurden mehrere Szenarien, eine vollkooperative und eine Solovariante gleich mitangekündigt.
