REPORT // Hinter den Kulissen der Spiele-Offensive
Die Spiele-Offensive ist in Deutschland unter allen Vielspielern sehr bekannt. Das riesige Spielernetzwerk, die Spieleschmiede, Videoanleitungen, regelmäßige Gruppendeals oder Ausleihspiele sind Angebote, die von anderen Onlineshops so nicht angeboten werden. Wir waren vor Ort und haben geschaut, wie die Logistik funktioniert.
Den Anfang machten Robert Letsch und Frank Noack im Jahr 2002 mit der Gründung der Spiele-Offensive. Damals waren Spiele wie “Galileo the Game”, “Outburst”, “Piratenbucht” oder “HdR - Risiko” die Top Angebote. Aus heutiger Sicht zwar unverständlich, aber damals war es ein Risiko bei der niedrigen Verbreitung von Onlinezugängen einen reinen Onlineshop für einen kleinen Markt zu eröffnen. Selbst heutige Giganten wie Amazon standen damals noch am Anfang und hatte nur einen Bruchteil des heutigen Portfolios. Zudem war die Dotcom-Blase erst zwei Jahre zuvor geplatzt und hatte zahlreiche hoch gehandelte Unternehmen in den Abgrund gezogen. Wie der Shop damals zum Start aussah, zeigt der folgende Screenshot.
Hätte man die Gründer damals gefragt, wo sie in 15 Jahren stehen würden, hätten sie sicher vieles erhofft, aber nicht ansatzweise geglaubt, dass sie heute zwei riesige Lagerhallen hätten, die zum bersten mit Spielen und anderen Produkten gefüllt sind.
Tatsächlich ist aus der Spiele-Offensive und deren zahlreichen Ablegern wie die Würfel-Offensive ein durch organisiertes Logistikunternehmen gewachsen, dass aktuell wieder seine Lagerkapazität, massiv ausbaut. Dass ist am Ende des Tages sicher nicht nur dem rasanten Wachstum geschuldet, den der Brettspielmarkt Jahr für Jahr hinlegt, sonder auch der Geschäftstüchtigkeit der handelnden Personen.
So übernimmt die Logistik der Spiele-Offensive zum Beispiel regelmäßig den Versand für nach Deutschland versendeten Kickstarter Spielen. Diese guten Kontakte werden wiederum dafür verwendet, um immer wieder mal Kickstarter-Spiele im Nachgang verkaufen zu können oder gleich über die Spieleschmiede für den deutschen Markt zu veröffentlichen.
Wer schon öfter Kickstarter- oder Spieleschmiede-Projekte fördert, weiß, dass dies nicht immer ein leichter Traumjob ist. Kommt es zu Lieferverzögerungen durch nicht kalkulierbare Probleme bei der Lieferung, wie zum Beispiel ber Lisboa (die deutsche fertig produzierte Auflage verbrannte bei einem Logistikunternehmen), oder einem Spiel, von dem leere Kartons ausgeliefert wurden, weil diese in China vergessen wurden zu befüllen. Immer dann bekommen die Mitarbeiter der Firma den Frust der Kunden ab und die Reputation der Firma leidet.
Trotzdem hat man das Gefühl in Gesprächen mit einzelnen Mitarbeitern, dass es eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen gibt und dass mit viel Liebe zum Detail gearbeitet wird.
Bemerkenswert ist zum Beispiel der hohe Ausschuss an Spielen, die erst gar nicht in den Verkauf gehen. Da reicht es schon, dass ein Spiel-Karton leicht eingedrückt ist, oder eine Folie leicht eingerissen ist, um es sofort auszusortieren. Die Kunden sollen nur tadellose Waren erhalten.
Äußerst bemerkenswert ist es, wenn das Lager der Spieleschmiede betreten wird. Scheinbar chaotisch lagern tausende und Spiel in Metallregalen und warten auf ihren Käufer. Wie beim bereits zuvor genannten Online-Giganten Amazon ist die Lagerhaltung chaotisch. Wo Platz ist kommt ein Spiel rein und wird in dem Regal gescannt. Absofort weiß das System, wo das Spiel lagert. Wird es online gekauft, schickt der Computer einen Mitarbeiter an das Regal und lässt es abholen. Das dazu verwendet Programm ist in Eigenproduktion entstanden, da die sonst käuflichen Programme nicht genug für die spezifischen Herausforderungen von analogen Spielen geeignet sind.
Alles wurde in den vielen Jahren optimiert. Jeder Mitarbeiter im Lager kann bis zu 16 Aufträge gleichzeitig ausführen und zieht dafür ein großes Regal auf Rollen hinter sich her. Er ist ein sogenannter “Picker” und stellt die einzelnen Bestellungen zusammen. Danach kommen die Waren zu Mitarbeitern, die diese in geeignete Kartons verpacken, ein Label aufbringen und es anschließend an die Lieferunternehmen übergeben. Auch das ist im Grunde eine Wissenschaft für sich, denn nur optimal verpackte Spiele erreichen das Ziel unbeschadet.
Das Sortiment an analoge Spielen ist riesig groß. Aktuell sind es 7636 Spiele (Stand 9.9.2017). Doch trotzdem bleibt der Bestand transparent. Sobald das letzte Spiel verkauft ist, verschwindet es aus dem Shop, dann wird entschieden, ob die Ware nachbestellt wird, oder ob sie nicht mehr zum Sortiment zählen soll.
Spiele die permanent gefragt und ausverkauft sind, lassen sich vorbestellen. Das sei auch ratsamer, als darauf zu warten bis das Spiel wieder in ausreichender Menge verfügbar ist. Die Liste der Vorbestellungen hat immer Vorrang. Wenn man ein Spiel unbedingt haben will, sollte man sich auf die Liste eintragen. Diese wird nach dem Eingang der Bestellung chronologisch abgearbeitet. Gibt es 50 Bestellungen und 60 Spiele werden geliefert, wandern nur noch 10 in den Shop.
Wie überall in der Branche beginnt im Herbst die stressigste Zeit. Während im Sommer noch einige hundert Lieferungen die Hallen verlassen sind es im letzten Quartal gut und gerne mehrere Tausende Pakete, die es zu verarbeiten gilt. Dann wird in bis zu drei Schichten gearbeitet und gepackt, was das Zeug hält. Gerade zur Messe, wenn unzählige Neuheiten erscheinen und gleichzeitig ein großer Teil an Mitarbeitern auf der Spielemesse in Essen verweilt, kommt es zu Lieferverzögerungen, die nach der Messe dann wieder zügig aufgearbeitet werden.
Aus diesem Grund werden die Hallen aktuell massiv erweitert, um viel mehr Flächen zu erhalten und auch in den Boomzeiten noch mehr Kapazitäten zu haben.
Die Mitarbeiter sind ständig bemüht ganz besondere Schnäppchen zu finden. So werden große Restposten aufgekauft und über Gruppendeals zum extrem günstigen Preis angeboten. Zudem gibt es den Adventskalender, der jedes Jahr zuverlässig 24 Schnapper bietet. Das sorgt in der Regel für Zufriedenheit auf Käufer- und Verkäuferseite.
Spiele leihen einfach gemacht
Ein besonderes Merkmal der Spiele-Offensive ist es Spiele zu verleihen. So können sich Spieler Spiele in Ruhe anschauen, ausprobieren und wenn es gefällt kaufen. Die Preise dafür sind oftmals niedriger als der sonstige Kaufpreise. Wer Glück hat, erhält sogar ein komplett neues Spiel. Manche Spiel sind hingegen nicht verkäuflich. Wenn es nur noch eine geringe Restmenge gibt, wird der Bestand erhalten. So konnten wir zum Beispiel ein Starcraft Brettspiel in den Regalen entdecken, das nur noch für den Verleih vorhanden ist.
Jedoch ist nicht jedes Spiel zum Verleihen geeignet. Immer wieder gibt es Spiele, die von der Art her oder von der Größe her nicht geeignet sind. So sind große Schachteln immer ein Risiko im Versand, trotz optimierter Verpackung. Andere Spiele wie “Exit” oder “Pandemic Legacy” sind aufgrund der Spiellogik nicht geeignet, da das Spielematerial “kaputt” gemacht werden muss.
Ein authentisches Unternehmen
Unterm Strich zeigte die Besichtigung ein authentisches Unternehmen, dass aus der Logik heraus natürlich Gewinn machen will und muss, aber dennoch stark auf den Kunden fokussiert ist. Hier wird vieles gemacht, was dem Kunden den Service und die Qualität liefert, die erwartet wird. Man darf gespannt sein, wie es in den nächsten 15 Jahren aussieht.
Bilder des Besuchs