Meinung: Kaufen wir bald Spiele zum KG Preis

KOMMENTAR // Kaufen wir bald Spiele zum KG Preis?

Verfasst von Daniel Krause am . Veröffentlicht in Magazin

JA – ich gebe zu, diese Überschrift ist etwas reißerisch, doch als ich die Kickstarter-Seite von „The Edge: Dawnfall v1.6“ öffnete musste ich mehrfach blinzeln. Als erstes hervorgehobenes Argument, warum man das Spiel sofort unterstützen sollte, steht dort, das Gewicht von ÜBER 9 KG der Box.

Ich weiß, dass im Einzel-und Onlinehandel für diverse Produkte der KG Preis eine verpflichtende Größe ist. Das empfindliche Abmahnungen auf Händler lauern, wenn sie sich an diese Vorgabe nicht halten. Doch bei Brettspielen, die „als Stück“ verkauft werden scheint das neu (Achtung Ironie).

Doch diese Angabe zeigt aus meiner Sicht eine Entwicklung, die derzeit auf Kickstarter zu sehen ist. Immer mehr Spiele packen Miniaturen in immer größere Schachteln und das alles treibt die Preise und den Aufwand hinter allem in die Höhe, ohne dass tatsächlich mehr Spielspaß auf dem Tisch landet.

Hinter vorgehaltener Hand haben mir zwei verantwortliche von Spielen mit Miniaturen berichtet, dass in einem Fall die Miniaturen absolut überflüssig seien und er das Spiel lieber mit den Standard-Figuren spiele. Der zweite gab zu, dass die Kampagne „total eskaliert“ sei und deswegen massig Figuren ihren Weg in das Spiel gefunden hätten, die man weder bräuchte noch vermutlich jemals spielen würde.

Wer sich schon einmal mit Redakteuren von Spielen unterhalten hat, wird sicherlich eine Maxime von guten Spielen gehört haben: „Mehr, ist nicht zwangsläufig besser“. Spiele können dadurch gewinnen, dass etwas weggelassen wird. Sie künstlich aufzublähen und quantitativ mehr Spiel zu bieten ist nicht zwangsläufig die beste Entscheidung.

Das heißt natürlich auch nicht Umkehrschluss, dass mehr Material zwangsläufig zu einem schlechten Spiel führt. Die 10 KG Gloomhaven sind weltweit sehr beliebt und landen wie eine XXXXXL Schnitzel immer wieder auf dem Tisch und es bedarf vieler Tage, diesen Happen zu verzehren. Das will ich niemanden schlecht reden und da folge ich der Meinung der Masse, dass an dem Spiel was dran sein muss, auch wenn ich es nie gespielt habe. Das gilt auch für den Aufhänger dieses Textes: Weder „The Edge: Dawnfall v1.6“ noch „The Edge: Dawnfall v1.0“ habe ich gespielt oder auf dem Tisch stehen gesehen. Es wird so sein, dass das Spiel einen guten Grund haben wird, warum es Spieler kaufen.

Psychologie des Geldes

Ich fürchte nur, dass Spieler, die in ein so teures Produkt investieren, das mehr als 100 € kostet, es zwangsläufig gut finden. In der Psychologie kann man es als „Bestätigungsfehler“ finden. Hirnforscher fanden heraus, dass Menschen Wein automatisch besser schmeckt, wenn gesagt wird, dass er teuer sei. Das Schlimme dabei ist die Tatsache, dass die Probanden den Wein dann wirklich lieber mögen, statt es nur zu behaupten. Das ist ein sehr wirksamer Placebo-Effekt des Preises für ein Produkt.

Außerdem ist es problematisch, dass Kickstarter-Spiele immer per Karte bezahlt werden. Auch das führt dazu, laut aktuellen Forschungsstand, dass wir eine gesteigerte Bereitschaft haben, für „Vergnügen“ zu zahlen, wenn kein echtes Geld aus der Hand gegeben wird. Zusätzlich (als sei das nicht schlimm genug) ist es so, dass wir schnell vergessen, was wir wirklich bezahlt haben. Wir wissen vielleicht noch, ob es hundert oder fünfzig Euro gekostet hat, aber nicht mehr im Detail.

Außerdem bieten die verschiedenen Versionen einen Druck. Wer mehr als eine Version angeboten bekommt, der wird in der Falle des „Kompromisseffekt“ landen. Hier handeln viele Projekte aktuell noch unklug (aus psychologischer Sicht), weil nur zwei oder mehr als drei angeboten werden. Wenn nur zwei Versionen angeboten werden (billig, teuer) dann wird zu 50% jeweils jede Version gewählt (Studie mit Immobilien). Wird hingegen eine dritte Option zwischen teuer und billig angeboten, wir diese von zwei von drei Menschen gewählt. Dann entscheiden sich immer noch 50/50 Anteile für ganz teuer und ganz billig. Unterm Strich kann das zu deutlich mehr Einnahmen führen. Bei vielen KS-Projekten gibt es verwirrend viele Erweiterungen und dazu ist wirklich mal eine neue Studie notwendig, um diese Auswirkung zu beurteilen. Vielleicht neigen wir als „Sammler“ dazu eher die „All in“ Version zu kaufen, als diese einmalige Gelegenheit das Spiel in dieser Qualität und Umfang zu erhalten. (Claudia Hammond in „Erst denken, dann zahlen“ erschienen 2017 bei Klett-Cotta).

Fazit

Wenn dann noch ein Kilo Spiel pro 10 € rausspringen, dann kann man doch nichts falsch machen, oder? Also demnächst bitte die Spiel in KG Preis berechnen ;) oder doch mal das Hirn einschalten – Erinnerung für mich selbst ist gespeichert – ich hoffe ich vergesse es nicht!

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