TEST // PRIME CLIMB

TEST // PRIME CLIMB

Brettspiele zu gestalten, die Spielgruppen zum Lernen motivieren sollen, ist eine besondere Herausforderung. Nicht nur stellen sich Autor:innen die Aufgabe, ein packendes und spannendes Spiel zu gestalten, sondern fügen die zusätzliche Hürde hinzu, dass das Spiel bestimmte Lerninhalte zielgruppenorientiert vermittelt. PRIME CLIMB hat sich auf die Fahne geschrieben, dass es Mathe mit Spaß vermitteln soll. Durch Strategie und Glück sollen Spielgruppen ihre Liebe zum Fach Mathe wecken können. Da das bei mir als absolutem Mathelegastheniker wirklich mal an der Zeit wäre, wagen wir den Selbstversuch, ob PRIME CLIMB dieses Kunststück gelingt.

 

infos zum spiel

THINK FUN hat uns PRIME CLIMB freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

 

Darum geht es im Spiel

 

Um eine Partie PRIME CLIMB zu gewinnen, müssen die Spielenden ihre 2 Spielfiguren in die Mitte des Spielfeldes bringen. Das Spielfeld besteht aus einer Zahlenspirale mit Zahlen von 1 bis 101, auf der sich die Spielgruppe durch Würfeln von 2 zehnseitigen Würfeln fortbewegt. In einem Spielzug werden die beiden zehnseitigen Würfel geworfen und jeweils einzeln mit der aktuellen Zahl des Feldes, auf dem sich die Spielfigur befindet, multipliziert, dividiert, addiert oder subtrahiert.

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Die Wahl liegt dabei völlig bei dem Spielenden, jedoch werden die beiden Würfelergebnisse immer einzeln für sich genommen. Würfelt zum Beispiel Paul eine 9 und eine 5 während er sich auf dem Feld 10 befindet, muss er zunächst eines der beiden Würfelergebnisse nehmen und mit der 10 multiplizieren, dividieren, addieren oder subtrahieren. Ist dies geschehen, wird mit dem anderen Würfelergebnis auf dem neuen Feld genauso verfahren, bevor der nächste Spielende an der Reihe ist.

Ob Paul bei seinem Ergebnis richtig gerechnet hat, kann er ganz leicht anhand der Farben des Feldes und des Würfelergebnisses überprüfen. Jedes Feld ist am Rand in unterschiedliche Farben unterteilt. Die Farben sind ausschließlich für die Multiplikation oder Division angegeben, da diese als zusätzliche Hilfestellung bei besonders hohen Zahlen genutzt werden können. In unserem Beispiel multipliziert Paul seine Feldzahl mit der 5, die er gewürfelt hat, um auf dem Feld 50 zu landen. Die 5 auf dem Würfel besitzt einen blauen Kreis, während das Feld 10 einen blauen und einen orangenen Halbkreis besitzt. Bei der Multiplikation wird nun der blaue Kreis den anderen Farben hinzugefügt, sodass die Zahl 50 aus 2 blaue und einem orangenen Kreisteil besteht. Bei der Division ist dies ähnlich, nur werden hier die Farben des Würfels den Farben des Kreises abgezogen. So können Spielende, während des Spiels überprüfen, ob sie richtig liegen, ohne den Spielfluss zu unterbrechen. Betritt ein Spielender während des Spiels ein bereits belegtes Feld, wird die dortige Spielfigur zurück auf 0 gesetzt, sodass sie ihren Weg erneut beginnen muss.

Die Strategie, immer die höheren Zahlen miteinander zu multiplizieren, damit die Zahl schnell größer wird, führt bei PRIME CLIMB nicht zum Ziel. Spielende müssen immer mitdenken, mit welcher Zahl sie ihren Weg nach oben am besten bewerkstelligen können, sodass es ratsam sein kann, zu subtrahieren, um anschließend die kleinere Zahl mit dem zweiten Würfel zu multiplizieren.

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Um zu gewinnen, muss das Feld mit der Zahl 101 genau erreicht werden – der Spielende muss eine Punktlandung hinlegen. Die Spielenden dürfen also keine Rechnung durchführen, die sie über das Ziel hinausschießen lassen.

Zu guter Letzt bietet PRIME CLIMB eine Kartenmechanik an, die für zusätzliche Strategieoptionen sorgen soll. Betreten die Spielenden ein Primzahl-Feld, können sie eine Karte ziehen und den Effekt auf dieser Karte entweder sofort ausführen oder, je nach Kartenart, die Karte auch auf die Hand nehmen.

Die Effekte dieser Karten variieren stark, wobei die Effekte, die sofort ausgelöst werden müssen, positiv als auch negativ für die Spielenden sein können. So könnten sie je nach Position vor oder zurückgesetzt werden, den Gegenspielenden eine der begehrten Handkarten klauen oder automatisch zum nächstliegenden, besetzten Feld ziehen, um die dortige Spielfigur zurück auf 0 zu werfen.

Sobald es einem Spielenden gelungen ist, beide Spielfiguren auf die 101 zu bringen, ist das Spiel beendet.

 

Was ist in der Box?

 

PRIME CLIMB beinhaltet insgesamt 24 Karten, ein Spielfeld, 2 große zehnseitige Würfel und 8 Spielfiguren in 4 Farben. Die Verarbeitung des Materials ist in gewohnter Brettspielqualität, sodass es eigentlich nichts zu beanstanden oder besonders hervorzuheben gibt. Die Karten und Spielfiguren erfüllen im vollen Umfang ihren Zweck, während die Würfel groß gehalten sind, damit alle Spielenden am Tisch die Würfelergebnisse gut einsehen können. Besonders gelungen fanden wir die farbliche Gestaltung des Spielfeldes, die gleichzeitig als Kontrollinstanz für die Rechnungen gilt. Nicht nur, dass die Gestaltung einem spielerischen Zweck dient, sie ist zudem schön anzusehen, da die starken Farben auf dem dunklen Hintergrund sehr gut zur Geltung kommen.

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Die Spielregeln sind in mehreren Sprachen verfasst, wobei sie in jeder Sprache kurz und bündig erklärt werden. Mit kurzen und prägnanten Regeltexten, die immer durch gut gestaltete Grafiken unterstützt werden. So werden auch Neulinge schnell in das Spiel eingeführt.


Als angehender Lehrer habe ich bisher sehr gute Erfahrungen damit gemacht, meine Lehrinhalte anhand von kleinen Spielphasen zu vermitteln. Die Schülerinnen und Schüler haben Spaß und bemerken es des Öfteren gar nicht, dass sie dabei im Grunde genau das gleiche wie im Deutsch- oder Matheunterricht machen, während sie versuchen sich gegenseitig Bilder zu erklären oder ihre Siegpunkte auszurechnen. Mein Dilemma war bisher immer, dass Lernspiele, die explizit darauf aus sind, primär Lehrinhalte zu vermitteln, entweder in der Vermittlung oder im Spielspaß zu kurz kommen. Dadurch habe ich immer zu normalen Brettspielen aus meiner Sammlung gegriffen, um diese ein wenig für den Unterricht anzupassen.

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Mit PRIME CLIMB haben wir genau das angesprochene Problem in der Praxis. Der Lehrinhalt des Spiels ist ausgezeichnet. Die Spielenden können gezielt mathematische Aufgaben lösen, die mit voranschreitender Spieldauer immer komplexer werden. Auch die Kontrollinstanz ist nicht so einfach, dass die Spielenden die Ergebnisse einfach abgucken können, aber auch nicht so schwer, dass die Kontrolle den Spielfluss unterbricht. Der Brettspielpart des Spiels fällt aber auf vielen Ebenen durch. Im Grunde haben wir mit PRIME CLIMB ein erweitertes MENSCH ÄRGERE DICH NICHT, bei dem die Spielenden ein klein wenig mehr Kontrolle über ihre Spielfiguren haben, aber dafür eben rechnen müssen.

Sobald PRIME CLIMB auf den Tisch kommt, ist nicht das Brettspiel im Fokus (da es sich durch seine Mechaniken und seinen teilweise unfairen Glücksfaktor ewig ziehen kann), sondern viel mehr der Lehrinhalt, was besonders für Kinder schwer verdaulich ist.

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Sobald PRIME CLIMB bei meinen Schülerinnen und Schülern auf den Tisch kommen würde (und dafür lege ich meine Hand ins Feuer), würden sie sich direkt in eine Abwehrhaltung begeben, da sie sich nicht bereit zeigen würden, zu rechnen, um ein Spiel zu spielen und das allein nur dadurch, dass es auch Rechnen heißt. Hätte PRIME CLIMB seine Mechaniken ein wenig mit einem interessanten Thema verschleiert, die die Intentionen des Spiels uneinsichtiger gemacht hätten, könnte es unverfänglicher auf den Tisch gebracht werden.

Spielgruppen, die speziell diesen Lehrinhalt nutzen möchten, können dies ohne Probleme tun, da dieser wirklich gut ist (und allemal besser als einfaches Rechnen nach dem Schulbuch). Spielgruppen, die aber das spaßige Mathespiel erwarten, bei dem die Liebe zu Mathe geweckt wird, das ihnen PRIME CLIMB prophezeit hat, werden hier schlicht und einfach enttäuscht. Das Spiel bietet dafür zu wenig Innovation, um auf dem heutigen Brettspielmarkt der regulären Brettspiele bestehen zu können.

Unterm Strich wurde PRIME CLIMB von sehr guten Mathedidaktikern entwickelt, die nur leider zu wenig Expertise in der Welt der Brettspiele hatten.

 

Wertung zum spiel

 

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Tags: Roll and Move, 2-4 Personen, Lernspiel, 20 Minuten, Wettrennen, Familienspiel

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