TEST // FREE MARKET NYC

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Wir wollen reich werden! Was sonst, wozu leben wir denn in einem freien Markt? Aber sich ausschließlich auf die natürlichen Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage zu verlassen, erscheint dann doch etwas zu ungewiss. Da helfen wir der Nachfrage doch lieber etwas nach, indem wir Läden der Konkurrenz einfach übernehmen, Lieferungen unserer Mitbewerber erschweren und Politiker bestechen. FREE MARKET NYC lässt uns einen Blick in die Welt der Wirtschaft werfen und mit viel Augenzwinkern auch jenseits des Gesetzes agieren.

 

infos zum spiel

Wir haben FREE MARKET NYC selbst gekauft.

 

Marktmechanismen

 

Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler einen Sichtschutz und als Grundstein für sein Wirtschafts-Imperium etwas Geld, zwei zufällige Güter, drei Manager-Meeples und einen Laster. Der Sichtschutz, der aus einem Geschäft und einem Charakter zusammengesteckt wird, zeigt auf der zum Spieler hin gewandten Seite Regelhilfen und einen Slogan, der an bestimmten Stellen aufgesagt werden kann, um kein Geld zahlen zu müssen.

Gespielt wird über vier bis fünf Runden, wobei jede Runde bis zu 17 Aktionen umfassen kann. Die Spielmechanik jeder einzelnen Aktion von FREE MARKET NYC in Gänze zu beschreiben, würde sicherlich den Rahmen sprengen, daher wird hier nur ein Überblick über die Spielmechaniken dieses Wirtschaftsspiels gegeben.

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In Phase eins bis drei werden die Güterpreise mit Hilfe eines Würfels angepasst, Spieler erhalten einen Bonus für Partnerschaften mit Fabriken und es können Güter ersteigert werden.

In Aktion vier weisen die Spieler abwechselnd ihre Manager den Aktionen 5-17 zu, welche im Anschluss nacheinander abgehandelt werden. Dabei dürfen die Aktionen meist nur von einem Spieler genutzt werden, somit kommt dieser Phase besondere strategische Bedeutung zu. Unter anderem stehen folgende Aktionen zur Verfügung:
Weiteren Manager einstellen für zusätzliche Aktionsmöglichkeiten
Politiker bestechen, erlaubt z.B. Auflösung von Streiks oder Manipulation von Marktpreisen
Arbeiter anwerben
Eine Partnerschaft mit einer Fabrik oder einem Laden eingehen, die Boni zu Rundenbeginn bzw. bessere Verkaufspreise ermöglicht. Dies wird durch einen Laden gekennzeichnet
Warenlieferung, diese Phase nimmt einen besonderen Platz ein und wird nachfolgend näher betrachtet

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Die Warenlieferung wird zentral auf dem Spielbrett abgehandelt. In dieser Phase ist es primäres Ziel, zuvor erworbene Güter möglichst mit Gewinn zu veräußern. Standardmäßig können maximal zwei Güter verkauft werden, jedoch lässt sich diese Zahl durch Kaufaufträge aus anderen Aktionen erhöhen. Um ein Gut zu verkaufen, muss ein Spieler mit einem Laster zu einem Shop der entsprechenden Farbe fahren. Die Verkaufspreise der verschiedenen Güter ergeben sich aus dem eigenen festen Wert, dem gewürfelten Modifikator und der Reihe der Geschäfte, in der sie verkauft werden können.

Gleichzeitig versucht der Spieler der Konkurrenz das Leben schwer zu machen und sich vor gegnerischen Attacken zu schützen. Dies geschieht durch den Einsatz von Arbeitern. Fährt ein Spieler mit einem Laster einen oder maximal zwei Arbeiter zu einem Feld mit einem gegnerischen Laden, kann er diesen übernehmen, sofern er mehr Arbeiter als der Gegner auf dem Feld hat. Hat der Konkurrent beispielsweise einen Arbeiter zum Schutz eingesetzt und der Spieler zwei, wird von beiden Spielern jeweils ein Arbeiter entfernt. Nun ist der Weg frei, den Laden zu übernehmen und der Spieler setzt seinen letzten Arbeiter ein, um den Laden zu entfernen und mit einem in seiner Farbe zu ersetzen. Nach ähnlichem Prinzip können z.B. auch Laster vertrieben und somit Verkäufe verhindert werden.

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Zu jeder Zeit außerhalb der Warenlieferung dürfen die Spieler Streik-Plättchen auslegen, um Geschäfte und Fabriken der Gegner zu bestreiken. Diese verschwinden zu Rundenbeginn oder durch den Einfluss eines gekauften Politikers wieder.

Eine weitere Möglichkeit für Siegpunkte besteht in den Auszeichnungen, für die sich jeder Spieler bewerben kann. Es gewinnt derjenige, der zu Spielende die meisten Vermögenswerte der jeweiligen Auszeichnung aufweisen kann (z.B. Laster, Arbeiter, etc.).

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Am Spielende werden die Siegpunkte bzw. das Geld gezählt und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Wem dies alles zu langweilig ist, hat noch die Möglichkeit, Aktien ins Spiel zu integrieren. Diese können zu einem festgelegten Preis gekauft werden und bringen zum Spielende einen Gewinn. Sind die Spieler gezwungen, diese frühzeitig zu verkaufen, erleiden sie einen Verlust.

Eine weitere Erweiterung sind die Karrierekarten, durch die jeder Spieler zwei besondere Fähigkeiten erhält. Der Marktanalyst kann z.B. einmal pro Runde den Preis eines Gutes um eine Stufe verändern.

 

Spielmaterial

 

Das beidseitig bedruckte Spielbrett (zu verwenden je nach Spielerzahl), Geldmünzen und sonstige Plättchen sind aus stabilem Karton. Für den Sichtschutz wurde dünner Karton verwendet. Die Meeples, Würfel, Straßensperren und Laster bestehen aus Holz, wobei die Laster leider teilweise zu knapp dimensioniert sind, um zwei Arbeiter richtig aufzunehmen. Es werden transparente Plättchen verwendet, um die aufgedruckten Zahlen zu markieren. Hervorzuheben ist der recht groß geratene Marker aus Plastik in Form eines Pokals für den Startspieler.

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In Summe gibt es reichlich Spielmaterial. Die Optik des Spiels ist allerdings Geschmackssache. Das Spiel ist mit Ausnahme der optionalen Karrierekarten sprachneutral. Auch wenn sich an manchen Stellen englische Ausdrücke finden, sind diese nicht spielrelevant. Auf dem Spielbrett befinden sich für alle Aktionen Symbole, die mit etwas Erfahrung auf einen Blick die Möglichkeiten verdeutlichen und sogar auch verkehrt herum aufgedruckt wurden, so dass alle Spieler diese gut sehen können.

Die Regeln werden in sechs Sprachen auf jeweils etwa sechs Seiten eng geschrieben in einem Regelheft erläutert. Auf Deutsch sind leider einige Fehler und Unstimmigkeiten im Vergleich zur englischen Version enthalten, so dass wir dann doch auf Englisch umgestiegen sind. Unabhängig von der Sprache haben wir uns aber sehr schwer getan, alle Spielmechanismen zu verinnerlichen.


Der Einstieg in FREE MARKET NYC fiel uns nicht leicht. Da wäre zu einem die teilweise eigenwillige Optik, die uns nicht überzeugte, aber diese ist sicherlich Geschmacksache und mag anderen gut gefallen. Beim Studium der Regeln allerdings mussten wir dann qualitative Mängel, wie Übersetzungs- und Rechtschreibfehler, und, viel gravierender, eine unzureichende Beschreibung der Spielmechaniken in der Phase der Warenlieferung feststellen. Es blieben einige Fragen ungeklärt und wir hatten das Gefühl, ein unfertiges Produkt in Händen zu halten. Wir brachen unser erstes Spiel dann ab und widmeten uns der Internet-Recherche, etwas was wir normalerweise versuchen zu vermeiden, um unseren Lesern eine möglichst unvoreingenommene Rezension zu bieten.

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Der Produktionsverlauf verlief wohl turbulent. Es gab eine von den Entwicklern abgebrochene Kickstarter-Aktion, erst die zweite war erfolgreich, allerdings mit wenigen Unterstützern. Hilfe war auf Grund der kleinen Community schwierig zu finden, letztendlich waren wir dann aber im Stande, uns mehr oder weniger funktionierende Regeln zusammen zu reimen. Ob wir tatsächlich exakt nach Regeln spielen, sind wir uns bis heute nicht ganz sicher. Die Rezension entstand also unter schwierigen Bedingungen.

Auf der Habenseite punktet FREE MARKET NYC mit umfangreichen Aktionsmöglichkeiten, die das Wirtschaftsleben abbilden. Wir können Arbeiter und Manager anwerben, müssen Waren an- und verkaufen, haben ein umfangreiches Marktpreissystem und können nebenbei noch Politiker bestechen, zu Streiks aufrufen, Warenlieferungen der Konkurrenz behindern oder gleich deren Geschäfte ganz übernehmen.

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Hier werden Erinnerungen an alte Mafia-Filme geweckt. Die Vielzahl an Aktions- und vor allem auch Interaktions-Möglichkeiten hat uns gut gefallen. Jede Runde dürfen wir unsere Manager für 13 verschiedenen Aktionsmöglichkeiten einsetzen. Das hört sich erst einmal sehr komplex an, spielt sich aber nach wenigen Durchläufen recht flüssig, was auch der guten unterstützenden Symbolik zu verdanken ist, allerdings ist mit mehreren Spielern doch mit längerer Wartezeit zu rechnen.

Das Spiel punktet auch mit einem feinen Humor, wie z.B. der Möglichkeit, Geld zu „spenden“, um sich dadurch das Wohlwollen eines Politikers zu erkaufen. Dieses Vorgehen entspricht nicht unbedingt unserer Vorstellung eines freien Marktes, vor allem da dies auch keine negativen Folgen haben kann, aber in manchen Ländern mag das doch realistisch sein. Die Möglichkeit, seinen Slogan aufzusagen, um Geld zu sparen, ist ein innovatives und witziges kleines Detail.

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FREE MARKET NYC ist an sich kein schlechtes Spiel, aber leider wurde hier viel Potential vor allem bei der Anleitung verschenkt. Die Tatsache, dass wir ohne Internet-Recherche nicht im Stande waren, das Spiel sinnvoll zu spielen, wiegt leider schwer, so dass das Spiel nicht über eine 50er Bewertung hinauskommt. Berücksichtigt man jedoch Internetrecherche und intuitive Regelinterpretationen können Freunde von Wirtschaftsspielen mit größeren Interaktionsmöglichkeiten durchaus ihre Freude an diesem Spiel finden.

 

Wertung zum spiel

 

Bilder vom Spiel

Tags: Ressource Management, 90-180 Minuten, Worker Placement, 2-5 Spieler, Wirtschaftsspiel

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