Rettet Das Spiel! Weil Leben mehr als funktionieren ist, Gerald Hüther und Christoph Quarch

REPORT // Rettet Das Spiel! Weil Leben mehr als funktionieren ist

Die Autoren Gerald Hüther und Christoph Quarch haben sich sehr intensiv mit dem Thema “Spiel” auseinander gesetzt. Ihr Plädoye ist eindeutig: “Rettet das Spiel!”. Als Gesellschaftsspieler und Freund von analogen Spielen fühlt man sich gleich angesprochen.



Sich mit dem Thema “Spiel” im allgemeinen und speziellen auseinander zu setzen ist ein enorm interessanter Ansatz. Die Autoren entführen ihre Leser dabei zu einer Reise durch die Zeit, durch die Gesellschaft und die Wissenschaft. Dabei werden viele Aspekte des Spiels abgedeckt.

Als ich das erste Mal auf den Autoren und das Buch stieß, war mein Interesse sofort geweckt. Schon die Beschreibung des Buches macht neugierig:

“Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Was Schiller einst dachte, bestätigt heute die Hirnforschung: Im Spiel entfalten Menschen ihre Potenziale, beim Spiel erfahren sie Lebendigkeit. Doch gegenwärtig ist das Spiel bedroht – durch seine Kommerzialisierung ebenso wie durch suchterzeugende Online- und Glücksspiele. Der Hirnforscher Gerald Hüther und der Philosoph Christoph Quarch wollen sich damit nicht abfinden. Sie rufen dazu auf, die Bedeutung des Spiels wiederzuentdecken. Sie erläutern, warum unser Gehirn zu Hochform aufläuft, sobald wir es spielerisch zu nutzen beginnen, und weshalb Computerspiele nicht geeignet sind, um die in uns angelegten Potenziale zu entfalten. Sie erinnern an die hohe Wertschätzung des Spiels in früheren Kulturen und zeigen, welche Spiele dazu angetan sind, Freiräume für authentische Begegnung und Lebensfreude zu öffnen – damit wir in einer vom instrumentellen Denken beherrschten Welt unsere spielerische Kreativität nicht verlieren.”

Wie der Beschreibungstext verrät, handelt es sich hier um ein eher wissenschaftlich geführten Diskurs zum Thema. Es ist jedoch keine wissenschaftliche Arbeit, auch wenn viele Quellen angeführt werden. Dafür liest es sich meistens sehr gut und ist sehr interessant geschrieben. Belegbare Fakten werden mit daraus resultierenden Meinungen gemischt. Als Quellen werden teilweise sehr alteals auch neue Bücher und Texte angeführt.

Beim Lesen des Buches entstehen immer wieder Fragen: Warum spiele ich eigentlich? Was treibt mich immer wieder an, neue Spiele zu “lernen”? Warum bin ich immer wieder auf der Suche nach neuen Spielen? Was bin ich für ein Typ?

Zum Teil gibt einem das Buch Antworten. »Der Mensch«, notierte Friedrich Schiller, »spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.« Der Satz hat bei mir gleich gesessen, denn ich dachte bei mir - jo, so ist es!

Spannend ist es vor allem zu erfahren, dass seit Menschengedenken über “Spielen” philosophiert wird. Zu erfahren, das Spiel ein sehr wichtiger Aspekt unseres Lebens ist. Verstehen zu können, wie das Gehirn angesprochen wird. Zu lesen, dass es alles andere als “geekig” ist, dieses Hobby zu haben. Toll ist es auch zu begreifen, welche positiven Auswirkungen ein Spiel auf unser Leben haben kann und welche Bereiche des Lebens es durchdringt.

Wussten Sie zum Beispiel, dass Spielen zu einer “Verringerung des Sauerstoffverbrauchs aufgrund einer verminderten Aktivität der Nerven Zellverbände im Bereich der Amygdala” führt und diese Hirnregion für unser Angst zuständig ist? Wir verlieren im Spiel also unser Angst!

Das Buch ist tatsächlich gut gegliedert in die Bereiche Wissenschaft, Philosophie, Gesellschaft, Ökonomi, Aspekte von Spiel, Kunst/Kultur und Zukunftsvision. Wer einem Kapitel nichts abgewinnen kann, kann zum nächsten wechseln, das stellt beim Lesen kein Problem dar.

Zu den Autoren

Gerald Hüther, geboren 1951, ist Neurobiologe und Autor so populärer Bücher wie „Was wir sind und was wir sein könnten. Ein neurobiologischer Mutmacher“. Wissenschaftlich befasst er sich mit dem Einfluss früher Erfahrungen auf die Hirnentwicklung, mit den Auswirkungen von Angst und Stress sowie der Bedeutung emotionaler Reaktionen und plädiert für eine Neuausrichtung der Biologie im 21. Jahrhundert. 2015 gründete er die „Akademie für Potentialentfaltung". Gerald Hüther lebt in der Nähe von Göttingen.

Christoph Quarch, geboren 1964, ist Philosoph, Autor, Berater und Keynote-Speaker. Er begleitet Unternehmen, unterrichtet an verschiedenen Hochschulen und veranstaltet, unter anderem in Kooperation mit „ZEIT-Reisen", philosophische Reisen und Seminare. Inspiriert von der griechischen Antike entwirft er in seinen Büchern und Vorträgen eine alltagstaugliche philosophische Lebenskunst und Ethik für die Welt von heute. Er lebt mit seiner Familie in Fulda.

Fazit

Wer gerne und viel spielt, sollte sich einfach mal mit dem Thema auseinander setzen. Dabei hilft einem das Buch, sich selber im Kontext von Geschichte, Zukunft, Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur einzuordnen. Fazit des Buches ist ganz klar, unser Hobby macht keinen zum “Geek”. Unser Hobby ist genau richtig und gut. Im aktuellen Kontext ist der Wachstum der Spielebranche absolut erklärbar. Auch wenn Strecken des Buches mitunter etwas “staubig” daher kommen und teilweise gefühlte Wiederholungen zu oft vorkommen, ist das Buch lesenswert. Wie schon beschrieben, können Texte oder Abschnitte mehr oder weniger gut ausgelassen werden. Es motiviert auch die Leistungsgesellschaft zu hinterfagen!

Schade finde ich hingegen den Umgang mit “virtuellen” Spielen. Hier ist bei den Autoren zu wenig Expertise vorhanden, um darüber zu urteilen. Wenn es um Spiele geht, die nur darauf aus sind, einen Spieler zu fesseln und auszubeuten, bin ich bei der Meinung der Autoren. Abseits davon gibt es jedoch zahlreiche Spiele, die genau die Anforderungen wir Gesellschaftsspiele erfüllen (wenn auch ohne den echten sozialen Aspekt). Dennoch werden auch hier zahlreiche und wichtige Erfahrungen geboten, die es nicht zu verteufeln gilt.

Unterm strich bieten die Autoren über weite Strecken, ein fundiertes und oftmals durch Quellen belegtes Bild der Gesellschaft und des Individuums. Es ist wie ein Buffet angerichtet. Der Leser darf sich die Happen nehmen, auf die er Appetit hat. Für Spieler eine tolle Selbsterfahrung, die auch Selbstbewusstsein geben sollte!



Quelle Autoren

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