TEST // Adventure Games – Das Verlies & Die Monochrome AG

Mit Abenteuerspielbüchern wie „Der einsame Wolf“ oder „Die Saga von Bruder John“ hielten fantasievolle Abenteuer Einzug in die eigenen vier Wände. Mit dem Zeitalter der Computer für den Heimgebrauch entwickelte sich die nächste Generation Adventurespiele von „The Guild of Thieves“ über „Maniac Mansion“ zu „The Curse of Monkey Island“. Das Autorenduo Matthew Dunstan („Roll for Adventure“) und Phil Walker-Harding („Bärenpark“) hat sich offensichtlich an diese Zeiten zurückerinnert und mit den „Adventure Games“ eine Spielreihe gestartet, welche das Spielgefühl all dieser Klassiker in eine Mechanik verpackt und es als Brettspiel auf den Tisch bringt. Mit „Das Verlies“ und „Die Monochrome AG“ sind die ersten beiden Abenteuer verfügbar.

KOSMOS war so freundlich uns beide „Adventure Game“-Titel kostenlos für eine Rezension zur Verfügung zu stellen. Dies hat natürlich keinerlei Einfluss auf das Ergebnis des Tests.

Back to the roots, auf in ein neues Zeitalter

Die „Adventure Games“ bedienen sich bei den Mechaniken der Anfänge von Abenteuerspielen. Sie stellen den Spieler in einen Raum und geben ihm dann die Möglichkeit, vorbestimmte Dinge zu erforschen oder sich in bestimmte Richtungen zu bewegen. Zu Beginn wählt dazu jeder Spieler und jede Spielerin eine Figur nach Wunsch. Danach wird der erste Text vorgelesen, wodurch die Ausgangssituation erklärt und die einzelnen Handlungsmöglichkeiten im Startraum aufgezeigt werden. Auf der Raumkarte werden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten durch Zahlen aufgezeigt. Um etwas näher zu untersuchen bzw. um sich zu bewegen, wird einfach die entsprechende Zahl im Abenteuerbuch herausgesucht und laut vorgelesen. Alternativ kann das Vorlesen auch über die KOSMOS-Erklär-App erfolgen.

Über Aktionen können u.a. Gegenstände gefunden werden, welche die Gruppe anschließend über Abenteuerkarten mit sich führen kann. Auf jeder Karte steht eine Zahl, welche wichtig ist, um den Gegenstand nutzen zu können. Das Nutzen von Gegenständen wird ziemlich simpel umgesetzt. Sollen zwei Gegenstände miteinander genutzt bzw. verbunden werden, stellt man die Zahlen der Karten hintereinander, beginnend mit der kleinsten und liest den Eintrag zu der neuen Zahl. Besitzt die Gruppe zum Beispiel ein Feuerzeug mit der Nummer 23 und eine Kerze mit der Nummer 46, könnten Sie im Abenteuerbuch schauen ob es einen Eintrag mit der Nummer 2346 gibt und darüber womöglich eine brennende Kerze Nummer 72 erhalten, während sie die Karte mit der noch nicht brennenden Kerze in die Schachtel zurücklegen müssten, wodurch diese aus dem Spiel ist. Möchte man einen Gegenstand nutzen, um mit etwas auf der Ortskarte zu interagieren, geschieht dies in ähnlicher Weise. In diesem Fall wird zuerst die Nummer der Abenteuerkarte, gefolgt von der Nummer auf der Ortskarte verwendet. Möchte man die brennende Kerze (72) also nutzen, um eine dunkle Ecke (Nummer 702) auszuleuchten, wird im Abenteuerbuch unter 72702 nachgeschaut.

Die Abenteuer sind in 3 Kapitel unterteilt, die laut Angaben von KOSMOS rund 90 Minuten dauern sollen. In der Regel sind sie problemlos in 60 Minuten zu schaffen, ein komplettes Durchspielen eines Abenteuers dürfte in der Regel 2-3 Stunden dauern. Für jedes Kapitel gibt es ein eigenes Ziel, das erreicht werden muss. Ist dies erreicht, wird ein Zwischenfazit gezogen und die Punkte der Runde werden nach bestimmten Vorgaben errechnet. Anschließend geht es weiter mit dem nächsten Ziel. Nach Erreichen des 3. Ziels steht das Finale an und je nachdem, wie die Gruppe sich bis dahin geschlagen hat, was sie erreichen konnte und welche Rätsel gelöst wurden, kann das Finale durchaus unterschiedlich ausfallen und das Abenteuer auf andere Weise enden. Nachdem die letzte Karte gelesen ist, wird die Gesamtpunktzahl errechnet und es kann abgelesen werden, wie erfolgreich das Abenteuer bestanden wurde. Auch wenn die meisten Rätsel nach dem Finale bekannt sein werden, gibt es dennoch einen gewissen Reiz, das Spiel noch einmal zu spielen und beim nächsten Durchlauf andere Entscheidungen zu treffen, dadurch ein besseres Ergebnis zu erzielen und noch erfolgreicher abzuschließen. Zudem gibt es immer auch die Möglichkeit, die eigene Punkte zu verbessern.

In „Das Verlies“, das für SpielerInnen ab 12 Jahren empfohlen wird, erwacht eine Gruppe bestehend aus maximal 4 Personen in einem verschlossenen Kerker, ohne sich daran zu erinnern, wie sie dorthin gelangt ist. Die Aufgabe der Gruppe ist es zunächst, aus dem Kerker zu entkommen. Der weitere Verlauf des Spiels hält Wendungen bereit, die über die reine Flucht hinausgehen. Es gibt auch die Möglichkeit, Weggefährten unterwegs aufzunehmen, die in manchen Situationen zusätzliche Handlungsmöglichkeiten bieten. Jede Figur verfügt je nach Gruppengröße über eine Zahl an Gesundheitspunkten, die durch Aktionen gesenkt aber auch wieder gesteigert werden können. In der Regel sollten die Lebenspunkte reichen, um das Abenteuer zu bestehen.

In „Die Monochrome AG“ bleiben wir in der heutigen Zeit und ist für SpielerInnen ab 16 Jahren gedacht. Als Fachleute für Industriespionage infiltriert ihr die Konzernzentrale der Monochrome AG, um hinter das Geheimnis eines Wunderstoffes namens Rainbow zu gelangen. Dabei müsst ihr aufpassen, dass ihr keinen Großalarm auslöst und euch in die unterschiedlichsten Systeme hacken, Beweise sammeln und Türen öffnen, die eine hohe Sicherheitsabfrage benötigen.

Im alten Gewand oder doch auf dem Stand der Zeit?

Das Spielmaterial ist leicht überschaubar in der Box verstaut. Bei beiden Abenteuern gibt es jeweils eine Reihe Abenteuerkarten, die einen weitgehend stabilen Eindruck hinterlassen sowie einen kleineren Stapel mit Ortskarten, die aus deutlich dünnerem Material gefertigt wurden, ohne dass man dabei jedoch Angst haben müsste, dass sie schnell kaputt gehen. Bei „Das Verlies“ liegen Heldenfiguren in Form von Holz-Meeples bei, während diese bei „Die Monochrome AG“ durch Standees ersetzt wurden.

Die Anleitung fällt relativ dünn aus, was einzig daran liegt, dass die Mechanik weitgehend selbsterklärend ist und schnell verstanden wird. In dem dünnen Heftchen werden im 2. Teil noch Spielhilfen für den Fall gegeben, dass man an einer Stelle einmal nicht mehr weiterkommt. Deutlich dicker fällt das Abenteuerbuch mit den Spieltexten aus. Wer möchte kann sich die gesamten Texte über die KOSMOS-Erklär-App vorlesen lassen, vorgetragen durch einen professionellen Sprecher bzw. Sprecherin, wodurch alles sehr atmosphärisch vorgetragen wird.


Nach der ersten Ankündigung der „Adventure Games“ war ich sehr gespannt, wie diese sich auf dem Tisch machen würden. Als bekennender Fan von Abenteuerspielbüchern wie „Einsamer Wolf“ oder „Die Saga von Bruder John“, Liebhaber von Computer-Adventure-Spielen wie „Maniac Mansion“ oder „Monkey Island“ sowie Abonnent-Spieler von „EXIT“- und „Unlock“-Spielen hatte ich im Grunde gar keine Möglichkeit, mich den Spielen zu entziehen. So musste ich auch nicht lange gebeten werden, die Rezension von „Das Verlies“ und „Die Monochrome AG“ zu übernehmen.

Und ich wurde nicht enttäuscht. Die Mechanik und das Spielgefühl der „Adventure Games“ erinnert mich stark an die Abenteuerspielbücher meiner Jugend, nur dass in diesem Fall deutlich mehr Grafiken zum Einsatz kommen. Die Gestaltung der einzelnen Ortskarten ist sehr gut gelungen und es ist nicht erforderlich, nach versteckten Gegenständen in dunklen Kontrasten zu suchen. Als Spieler oder Spielerin ist stets klar, wo eine Interaktion stattfinden kann. Durch das leicht durchzuführende Aneinanderlegen der einzelnen Räume und den nicht allzu weitläufigen Regeln ist ein Eintauchen in die Geschichte schnell und problemlos möglich. Ein dickes Plus stellt für mich auch die Möglichkeit dar, sich sämtliche Texte vorlesen zu lassen. Da die Texte von einem professionellen Sprecher bei „Das Verlies“ bzw. einer Sprecherin bei „Die Monochrome AG“ mit sehr guter Variation in Stimmlage und Tempo vorgetragen werden, trägt dies sehr zur guten Stimmung bei. In diesem Punkt hat KOSMOS sich ein dickes Dankeschön für den klasse Service verdient.

Bei den Rätseln unterscheiden sich die „Adventure Games“ dann am deutlichsten von Computeradventuren. Wo die digitalen Varianten oftmals knackige Rätsel bereithalten, für die einiges an Hirnschmalz aufgewendet werden muss, hält sich die Komplexität der Möglichkeiten hier im Rahmen. Meist läuft es zwar darauf hinaus, dass es verschiedene Wege gibt, die zum Ziel führen. In der Regel allerdings nur dahingehend, dass es mit gewissen Gefährten oder Gegenständen ein wenig einfacher wird. Dass wir in einer Sackgasse gelandet sind, war dabei niemals der Fall. „Das Verlies“ war hinsichtlich der Schwierigkeit für unser Empfinden deutlich einfacher. „Die Monochrome AG“ setzt ein wenig mehr an Interaktionen über die Kapitel und Räume hinweg voraus und hält auch gemeine Fallen bereit. Hierbei muss bemängelt werden, dass die Herangehensweise der Mechanik an neue Objekte nicht immer ganz vorhersehbar umgesetzt wurde. So lässt die Geschichte einen Helden bzw. eine Heldin einmal direkt blind in die Falle tappen, obwohl eigentlich nur vorgesehen war, einen Blick auf etwas zu werfen. Lässt man bei der nächsten potentiellen Gefahr Vorsicht walten, merkt man auf Grund von fehlender Alternativen an Möglichkeiten irgendwann, dass das Aufrufen dieser Zahl ein vorsichtiges Vorgehen beinhaltet. In dieser Hinsicht wäre eine Durchgängigkeit von „erst ansehen und dann die Chance geben“, anstatt gleich beim ersten Aufrufen direkt ins Verderben zu laufen, wünschenswert gewesen.

Abschließend kann ich sagen, dass ich vom Konzept der „Adventure Games“ überzeugt bin. Sie stellen wahrlich nicht die ganz große Anforderung an die Spieler dar, verstehen es aber dennoch, durch das Erspielen einer Geschichte mit kleinen Wendungen über die gesamte Spielzeit von 2-3 Stunden zu fesseln. Ob wir nun versucht haben, aus dem Verließ zu fliehen und dabei einer weitaus größeren Bedrohung begegneten oder ob es die Infiltration eines großen Konzerns war, wobei wir auf ein großes Geheimnis stießen, jedes der Abenteuer bereitete uns eine Menge fesselnden Spielspaß. Wir warten nun auf weitere Titel der Reihe und sind schon gespannt, wohin diese uns führen werden und welche Abenteuer sie für uns bereithalten. Es bleibt nur zu hoffen, dass evtl. kommende Spiele erneut mit professionellen Sprechern bzw. Sprecherinnen eingelesen werden. Denn ohne dies, würde das Spiel sicherlich einiges an Faszination verlieren.

Bilder zum Spiel

Tags: Kooperativ, 1-4 Spieler, Solospiel, Abenteuer

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