TEST // Franchise

TEST // Franchise

Verfasst von Michael Tomiak am . Veröffentlicht in Brettspieltest

Als die Pfeffersäcke das große Geld machten, war von Franchising noch nicht einmal am fernen Horizont etwas zu erahnen. Die Geschäftsleute der Hanse gingen in ihrer Blütezeit dem direkten Handel nach und dienten Spieleautor Christwart Conrad als Inspiration zu einem seiner erfolgreichsten Werke. Rund 20 Jahre später nahm sich der Autor noch einmal die Regeln zu seinem „Pfeffersäcke“ vor, peppte diese ein wenig auf und steckte sie in einen „Franchise“-Rahmen.

Queen Games hat uns freundlicherweise ein Exemplar von „Franchise“ zur Verfügung gestellt, damit wir uns ins Rennen um das erfolgreichste Franchise im Spiel stürzen konnten.

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Vom Ein-Mann-Unternehmen zum Big Player

Ziel bei „Franchise“ ist es, durch strategische Platzierung seiner Filialen möglichst viele Punkte am Ende des Spiels zu holen. Punkte gibt es während des Spiels über zwei unterschiedliche Auswertungen. Zum einen für Städte, zum anderen für ganze Regionen. Zum Schluss werden weitere Punkte für Kleinstädte, Geld und ungenutzte Bonusplättchen vergeben. Der Spielplan ist in insgesamt 10 Regionen unterteilt, in denen eine unterschiedliche Anzahl von mehr oder weniger großen Städten vorhanden sind. In der Größe unterscheiden die Städte durch den vorhandenen Platz für Filialen. Pro Stadt können sich 2-8 Filialen niederlassen. Ist ein Stadtfeld voll, wird direkt ausgewertet und die Punkte werden vergeben, woraufhin die Spieler ihren Marker auf der Punkteleiste rund um das Spielfeld weiterbewegen. Sobald eine Region abgeschlossen ist, gibt es nach der Auswertung weitere Punkte, die je nach Präsenz in dem Gebiet unterschiedlich ausfallen.

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Für Kleinstädte gibt es während des Spiels keine Punkte. Sie haben allerdings eine Bedeutung für die Verbindung zu den Städten, da nur in Städten, die an eine Stadt oder Kleinstadt mit Filiale angrenzen, eine Filiale eröffnet werden darf. Zudem ist zu beachten, dass die Strecken zwischen den Städten unterschiedlich teuer sind und für die Eröffnung einer Filiale in einer neuen Stadt die Kosten für die Verbindung zwischen den Städten gezahlt werden müssen.

Frisches Geld gibt es jeweils zu Beginn der Runde für alle Städte, in denen eine eigene Filiale steht und noch Felder frei sind. Dafür werden alle freien Stadtfelder mit eigener Präsenz vor Ort zusammengezählt und nach einer Einkommenstabelle gibt es dann frisches Geld. Dies kann dann gleich direkt wieder ausgegeben werden. So darf eine neue Stadt erschlossen und beliebig in Städten mit einer Filiale eine weitere Filiale errichtet werden. Vorausgesetzt natürlich, es ist genügend Geld in der Firmenkasse, um die Kosten für die Strecke und 1$ für jede weitere Filiale zahlen zu können. Wer mal knapp bei Kasse ist, kann für ein Bonusplättchen 10$ in die Kasse spülen, muss das Plättchen anschließend aber ablegen. Alternativ kann ein Plättchen auch dafür genutzt werden, eine Filiale ohne weitere Kosten zu errichten oder eine zweite Stadt in seiner Runde zu erschließen.

Gespielt wird in Runden mit 5 Phasen, wobei jeder Spieler zunächst seine Runde komplett durchspielt, bevor der nächste Spieler an der Reihe ist. Als erstes wird frisches Geld in die Kasse gespült, danach darf einmal in eine benachbarte Stadt expandiert werden. Anschließend besteht die Möglichkeit, durch das Errichten weiterer Filialen seinen Marktanteil zu vergrößern, bevor die Filialeröffnung in der Stadt, in die zuvor expandiert wurde, stattfindet. Abschließend werden noch Stadt- und/oder Regionenwertungen durchgeführt, falls die maximale Anzahl an Feldern besetzt wurden. Zu Ende ist das Spiel, wenn so viele Regionen gewertet wurden, dass ein Regionenplättchen auf eine der rot umrandeten Ablageflächen gelegt wird. Danach kommt es noch zur Schlusswertung und der Pfeffersack mit dem größten Franchise hat gewonnen.


 

Die Qualität muss stimmen

Das Spielmaterial macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Vor allem die Vielzahl an Holzmeeples dürfte das Herz so manchen Spielers höherschlagen lassen. Das Geld wird ausnahmsweise mal nicht in Form von Scheinen beigelegt, sondern als Dollarkarten. Das Spielbrett ist recht groß und wurde aus äußerst stabilem Karton gefertigt. Aus gleichem hochwertigem Karton wurde auch der Rest des Materials produziert. Dazu gehören Regionenplättchen, Stadtplättchen, Spielertableaus, Einkommenstabellen und Bonusplättchen.

Die sehr leicht verständliche und übersichtliche Anleitung liegt in Deutsch, Englisch und Französisch bei. Zusätzlich ist auf jedem Spielertableau eine kleine Auflistung zu sehen, welche Aktionen in welcher Phase einer Runde möglich sind. Optisch ist das Spiel in einem sehr schönen Retrodesign gehalten, was mir sehr gut gefällt. Allerdings bildet das Spielbrett mit seinen vielen durcheinander laufenden, farbigen Verbindungen eine Ausnahme bei dem im Übrigen positiven optischen Eindruck.

Als ich das erste Mal das Spielbrett zu „Franchise“ vor mir ausgebreitet hatte, war mein erster Gedanken „Meine Fr…, was für ein grauenvolles buntes Durcheinander.“ Nach dem Lesen der Regeln, was recht flott von statten ging und kaum Fragen offenließ, hatte sich der bunte Knoten ein wenig entwirrt. Aber während des Spielens habe ich immer wieder gemerkt, dass der Überblick bei den Strecken durch die Vielzahl an Linien gerne mal verloren geht.

„Pfeffersäcke“ habe ich nie gespielt und kann daher nur wenig dazu sagen, inwiefern sich die Spiele nun unterscheiden. Offensichtlich ist jedoch, dass die Punktewertung durch das Hinzufügen der Regionen komplexer gestaltet wurde und Taktikern mehr Spielraum bietet. Ob das nun zum Besten für das Spielgefühl ist, dürfte unterschiedliche Meinungen hervorrufen.

Zu Beginn fand ich das Spiel recht interessant. Die ersten Erweiterungen der eigenen Präsenz durch das Eröffnen von Filialen und die Vergrößerung der Marktanteile in den Städten machten Spaß. Doch mit der Zeit wurde es mir persönlich dann ein wenig zu monoton. Anfangs stellt sich noch die Frage, in welchem Gebietsrahmen das eigene Imperium starten soll und wo es ratsam ist, seinen Mitspielern nah zu sein, um anderen nicht zu viel Freiheiten in der Ausdehnung zu ermöglichen. Nach ein paar Runden hat sich in der Regel ein Grundgerüst bei den Erstgründungen in den Städten ergeben und was folgt, sind nur noch eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten.

Hier kann es dann auch bereits zur Monopoly-Falle gekommen sein, wenn ein Spieler in einer Region relativ unbehelligt sein Reich aufbauen konnte, da keiner der Gegenspieler dort schnell genug eine Konkurrenz aufgebaut hat. Dies bedeutet dann in der Regel in jeder Runde ein Mehr an Dollars, die dann weiter in das eigene Imperium und die Blockade der Gegner investiert werden können, ohne dass diese noch viel dagegen tun können.

Aber auch wenn alles wunderbar verteilt ist auf dem Spielplan, kommt es recht schnell an den Punkt, an dem es nur noch darum geht, möglichst viele Filialen in einer Stadt zu platzieren, um bei der Stadtwertung die Punkte zu erhalten und wenn möglich, auch noch Punkte bei einer anschließenden Regionenwertung, bei der der Spieler mit den meisten Filialen in einer Region am meisten punktet.

Am Ende läuft es darauf hinaus, dass ab einem bestimmten Punkt all jene, die mit mathematischer Präzision an die Verteilung ihrer Filialen herangehen und mit präzisen Formeln berechnen, was nach Wahrscheinlichkeit am meisten Punkte in der Endabrechnung bringt, große Freude haben werden. Wer dazu allerdings keine große Lust hat oder nicht mit den passenden Formeln ausgestattet ist, wird wahrscheinlich irgendwann nur noch relativ lustlos seine Filialen auf den Feldern platzieren und in Gedanken in eine Faschingströte pusten, wenn wieder eine Stadt oder Region gewertet wird. So zumindest ging es mir bei dem Spiel, das sich für mein subjektives Empfinden viel zu eintönig und trocken weiterentwickelt. Wer die Art von spielerischer Unterhaltung mag, bei der mit mathematischer Präzision am meisten zu holen ist, wird sicherlich mehr Freude an „Franchise“ haben können, als es mir letzten Endes vergönnt war.

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Bilder zum Spiel

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Tags: Area Control, 2-5 Spieler, Wirtschaftsspiel, Strategie

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